Die Verwässerung der Klimaschutz-Ziele
Wirtschaftsmächte finden weiterhin keine Einigung bei Datum für CO2-Neutralität
Rom – Mehr „heiße Luft“als das erhoffte „starke Signal“: Der G20-Gipfel in Rom war eine „riesige Enttäuschung“für das Weltklimatreffen COP26 in Glasgow, wie Kritiker fanden. Die Staats- und Regierungschefs der großen Wirtschaftsmächte (G20) konnten sich nicht auf ehrgeizige Klimaziele einigen, obwohl sie für 80 Prozent der Emissionen verantwortlich sind. Im Abschlusskommuniqué fehlten neue Zusagen, konkrete Pläne oder verbindliche Zielvorgaben. Von Version zu Version wurde das Papier verwässert. Wurde anfangs noch ehrlich die „Kluft“zwischen den bisher zugesagten Bemühungen und dem nötigen Weg festgestellt, um die Welt vor der gefährlichen Erhitzung zu retten, wurde am Ende selbst dieses Eingeständnis noch gestrichen.
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Kritik
Ein klarer Fehlstart, wieder eine verpasste Chance, während die Weltgemeinschaft sechs Jahre nach dem Pariser Klimaabkommen immer weiter vom rechten Weg abkommt: Nach den vorliegenden nationalen Aktionsplänen werden die Emissionen bis 2030 um 16 Prozent ansteigen – obwohl ein Rückgang um 45 Prozent nötig wäre, um die gefährliche Erwärmung wie in Paris vereinbart auf 1,5 Grad zu begrenzen.
„Wir steuern auf eine Erwärmung um 2,7 Grad und auf eine katastrophale Entwicklung der Klimakrise zu“, sagte Jörn Kalinski von der Entwicklungsorganisation Oxfam. „Die hier an den Tag gelegte Unentschlossenheit und Uneinigkeit droht unseren Planeten zu verbrennen. Ein Hauptproblem in der internationalen Klimapolitik besteht darin,
dass die Industrieländer nicht bereit sind, anhand ihrer historischen Verantwortung für das Verursachen der Krise und ihrer Wirtschaftskraft fair zum global nötigen Klimaschutz beizutragen“, sagt der Klimaexperte Kowalzig weiter. „Ginge es wirklich gerecht zu, müssten die Industrieländer schon deutlich vor 2050 klimaneutral werden und danach sogar eine negative Klimabilanz entwickeln – dann ergäbe sich auch mehr Flexibilität bei den übrigen Ländern.“Dazu seien die reichen Länder aber „schlicht nicht bereit“.
■ China und Russland
Unter den G20-Staaten kommt es ganz besonders auf China an, den mit Abstand
größten Produzenten von Treibhausgasen. Der weltgrößte Kohleverbraucher enttäuschte kurz vor dem Gipfel mit seinem Aktionsplan. Obwohl es längst „Fünf nach
Zwölf“ist, wie Experten warnen, will das bevölkerungsreichste Land bis 2030 seine Emissionen noch weiter steigen lassen. Kohlendioxidneutralität will China erst 2060 erreichen,
ähnlich wie Russland und Saudi-Arabien. Indien verweist wie Peking auf die Verantwortung der G7.
■ G7 gegen den Rest
Die Fronten innerhalb der G20 waren aber schon vor dem Gipfel verhärtet, wie informierte Kreise berichteten. Auf der einen Seite die G7-Staaten mit den engagierteren Europäern, aber einem geschwächten US-Präsidenten Joe Biden, der nicht weiß, ob er seine Klimapläne durch den Kongress bringt. Auf der anderen, eher passiven Seite der Rest der G20 – allen voran die Bremser China und Indien, aber auch Brasilien, Australien, Russland, Argentinien und SaudiArabien.