Verstümmelung: Frauenarzt angeklagt
Gynäkologe soll mit Bastelschere an Genitalien seiner Frau hantiert haben
Braunschweig/Helmstedt – Einem Frauenarzt wird vorgeworfen, seine Ehefrau während einer Hochzeitsreise verstümmelt zu haben. Weil er das sogenannte Jungfernhäutchen mit einer Bastelschere entfernt haben soll, wurde der Mediziner wegen Verstümmelung weiblicher Genitalien in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und Nötigung angeklagt, wie die Nachrichtenagentur dpa aus Ermittlerkreisen erfuhr. Das zuständige Amtsgericht Helmstedt bestätigte, dass es ein solches Verfahren gebe.
Der Gynäkologe soll den Eingriff während der Hochzeitsreise in einem Hotelzimmer ohne jegliche Betäubung vorgenommen haben, wie die Staatsanwaltschaft Braunschweig auf Anfrage mitteilte. Das Opfer habe bei der Prozedur starke Schmerzen erlitten und viel Blut verloren. Die damals 31-jährige Frau habe die Tat aus Angst vor einer angedrohten Scheidung und einer kulturellen Ächtung über sich ergehen lassen.
Migrationshintergrund
Beide Ehepartner sind nach Angaben der Staatsanwaltschaft Deutsche mit Migrationshintergrund. Eine Strafanzeige
der Frau habe die Ermittlungen ausgelöst. Über eine Zulassung der Anklage sei noch nicht entschieden, sagte die Gerichtssprecherin. Der Mediziner macht laut Staatsanwaltschaft von seinem Schweigerecht Gebrauch.
Arzt praktiziert weiter
Für die Verstümmelung weiblicher Genitalien fordert das Strafgesetzbuch eine Mindeststrafe von einem Jahr. Derzeit arbeitet der Arzt nach Angaben der Staatsanwaltschaft weiter. Zuständig für einen möglichen Widerruf der ärztlichen Berufserlaubnis wäre der Niedersächsische Zweckverband zur Approbationserteilung. Eine Sprecherin der Behörde sagte, in der Regel werde der Ausgang eines Strafverfahrens abgewartet.
Die Menschenrechtsorganisation Terre des Femmes betont, dass das Jungfernhäutchen sei keine dünne Haut ist, die den Scheideneingang verschließe, wie in vielfach angenommen. Jungfräulichkeitstests haben nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO keine wissenschaftliche oder klinische Grundlage. Seit Jahren fordert die WHO daher ein Ende der „medizinisch unnötigen und oft schmerzhaften, erniedrigenden und traumatischen Praxis“.