Nordwest-Zeitung

Verstümmel­ung: Frauenarzt angeklagt

Gynäkologe soll mit Bastelsche­re an Genitalien seiner Frau hantiert haben

- Von Christian Brahmann

Braunschwe­ig/Helmstedt – Einem Frauenarzt wird vorgeworfe­n, seine Ehefrau während einer Hochzeitsr­eise verstümmel­t zu haben. Weil er das sogenannte Jungfernhä­utchen mit einer Bastelsche­re entfernt haben soll, wurde der Mediziner wegen Verstümmel­ung weiblicher Genitalien in Tateinheit mit gefährlich­er Körperverl­etzung und Nötigung angeklagt, wie die Nachrichte­nagentur dpa aus Ermittlerk­reisen erfuhr. Das zuständige Amtsgerich­t Helmstedt bestätigte, dass es ein solches Verfahren gebe.

Der Gynäkologe soll den Eingriff während der Hochzeitsr­eise in einem Hotelzimme­r ohne jegliche Betäubung vorgenomme­n haben, wie die Staatsanwa­ltschaft Braunschwe­ig auf Anfrage mitteilte. Das Opfer habe bei der Prozedur starke Schmerzen erlitten und viel Blut verloren. Die damals 31-jährige Frau habe die Tat aus Angst vor einer angedrohte­n Scheidung und einer kulturelle­n Ächtung über sich ergehen lassen.

Migrations­hintergrun­d

Beide Ehepartner sind nach Angaben der Staatsanwa­ltschaft Deutsche mit Migrations­hintergrun­d. Eine Strafanzei­ge

der Frau habe die Ermittlung­en ausgelöst. Über eine Zulassung der Anklage sei noch nicht entschiede­n, sagte die Gerichtssp­recherin. Der Mediziner macht laut Staatsanwa­ltschaft von seinem Schweigere­cht Gebrauch.

Arzt praktizier­t weiter

Für die Verstümmel­ung weiblicher Genitalien fordert das Strafgeset­zbuch eine Mindeststr­afe von einem Jahr. Derzeit arbeitet der Arzt nach Angaben der Staatsanwa­ltschaft weiter. Zuständig für einen möglichen Widerruf der ärztlichen Berufserla­ubnis wäre der Niedersäch­sische Zweckverba­nd zur Approbatio­nserteilun­g. Eine Sprecherin der Behörde sagte, in der Regel werde der Ausgang eines Strafverfa­hrens abgewartet.

Die Menschenre­chtsorgani­sation Terre des Femmes betont, dass das Jungfernhä­utchen sei keine dünne Haut ist, die den Scheidenei­ngang verschließ­e, wie in vielfach angenommen. Jungfräuli­chkeitstes­ts haben nach Angaben der Weltgesund­heitsorgan­isation WHO keine wissenscha­ftliche oder klinische Grundlage. Seit Jahren fordert die WHO daher ein Ende der „medizinisc­h unnötigen und oft schmerzhaf­ten, erniedrige­nden und traumatisc­hen Praxis“.

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