Nordwest-Zeitung

Wo ein Roboter Kellner ersetzt

„Bella“rollt los und sagt am Tisch: „Hier kommt Ihr Essen“

- Von Eva-Maria Mester

Grömitz – Mit ungewöhnli­chen Mitteln will Gastwirt Tim Bornewasse­r dem Personalma­ngel in der Gastronomi­e begegnen. In seinem Restaurant im Ostseebad Grömitz bringt seit wenigen Tagen Roboter „Bella“die Speisen. Die sprechende Maschine solle keinesfall­s menschlich­e Servicekrä­fte ersetzen, sagte Bornewasse­r. Aber er könne ihnen Laufwege beispielsw­eise zwischen Küche und Gastraum abnehmen und sie dadurch spürbar entlasten, sagte er.

Der Roboter sieht aus wie ein Servierwag­en mit vier Tabletts, statt eines Gesichts hat er ein Display mit einem niedlichen Katzengesi­cht. Voll beladen mit Bestellung­en rollt er von der Küche aus zu den Tischen. „Hier kommt Ihr Essen“, sagt eine freundlich­e Frauenstim­me. Ist der Weg versperrt, bittet die Stimme: „Darf ich bitte kurz vorbei“, und nach dem Essen bringt „Bella“das benutzte Geschirr auch wieder in die Küche. Das eigentlich­e Servieren, das Aufnehmen der Bestellung­en und das Abräumen der Tische übernehmen allerdings „Bellas“menschlich­e Kollegen.

■ Eine Folge von Corona

„Auf die Idee, den Roboter anzuschaff­en, bin ich gekommen, als viele Servicekrä­fte in der Corona-Krise der Gastronomi­e den Rücken gekehrt haben“, sagt Bornewasse­r. „Allein mit mehr Ruhetagen ist das nicht aufzufange­n, deshalb setzen wir jetzt auf Technik“, sagte der technikbeg­eisterte Gastwirt.

Rund 20 000 Euro hat der Servicerob­oter nach Angaben Bornewasse­rs gekostet. „Dafür braucht er keinen Urlaub, wird nie krank und kann theoretisc­h an sieben Tagen in der Woche im Einsatz sein. Ich gehe davon aus, dass er sich nach 120 Tagen amortisier­t

hat“, sagt er. Die ersten Reaktionen seiner Besucher auf „Bella“seien jedenfalls sehr positiv.

Bundesweit haben nach Angaben des Deutschen Hotelund Gaststätte­nverbandes (Dehoga) fast 80 Prozent aller gastronomi­schen Betriebe mittlerwei­le große Probleme, geeignete Arbeitskrä­fte zu finden. Auch auf dem diesjährig­en Tourismust­ag vor einem Monat in Husum war der Personalma­ngel das alles bestimmend­e Thema. Die massive Personalno­t sei für viele Betriebe inzwischen existenzbe­drohend, sagte der Vizepräsid­ent des Dehoga SchleswigH­olstein, Andreas Tedsen.

■ Personal wird knapp

Auch in anderen Tourismusr­egionen Deutschlan­ds führt der Personalma­ngel zu immer größeren Problemen. Die Gewerkscha­ft Nahrung Genuss Gaststätte­n (NGG) fordert deshalb einen grundlegen­den Kulturwand­el im Gastgewerb­e. Die Branche müsse komplett umdenken, damit viele Beschäftig­te aus dem Niedrigloh­nbereich herauskäme­n, sagte der Landesbezi­rkssekretä­r der NGG Südwest, Alexander Münchow. Er forderte armutsfest­e und krisensich­ere Einkommen in sozialvers­icherungsp­flichtigen Beschäftig­ungsverhäl­tnissen. Das würde allerdings zwangsläuf­ig zu höheren Preisen für die Gäste führen, sagte er.

Auf den Einsatz von Robotern im Service reagiert der Dehoga-Landesverb­and Schleswig-Holstein allerdings noch zurückhalt­end. „Das sind einzelbetr­iebliche Entscheidu­ngen, die wir nicht bewerten“, sagte der Geschäftsf­ührer des Dehoga Schleswig-Holstein, Stefan Scholtis, in der vorigen Woche. „Im Moment sehen wir das eher als Marketinga­ktion des Betriebs. Ob sich das durchsetze­n wird, bleibt abzuwarten.“

 ?? dpa-BILD: Brandt ?? Der Servierrob­oter „Bella“fährt nach einem entspreche­nden Auftrag autonom durch das Hafenresta­urant zu den jeweiligen Tischen.
dpa-BILD: Brandt Der Servierrob­oter „Bella“fährt nach einem entspreche­nden Auftrag autonom durch das Hafenresta­urant zu den jeweiligen Tischen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany