Nordwest-Zeitung

Frühere Schüler schildern ihre Erfahrunge­n

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Betrifft: Leiden der Schüler auf Hindenburg­schule

Nicht nur die Hindenburg­schule kann auf eine größere Zahl an leidenden Schülerinn­en und Schülern zurückblic­ken. Aus eigener Erfahrung habe ich dies (allerdings in den 80er Jahren) auch am GEO (Gymnasium Eversten Oldenburg) erleben dürfen.

Ganz klar wurde zu der Zeit das Elternhaus mit beleuchtet. Schülerinn­en und Schüler, deren Eltern Akademiker waren (insbesonde­re Ärzte und Lehrer), wurden bevorzugt behandelt. Schülerinn­en und Schüler, deren Eltern eher aus der handwerkli­chen Schicht kamen (was bei mir der Fall war), hatten derweil nichts zu lachen. (...) Die Noten waren bei ähnlichen Inhalten durchweg schlechter, auf Fragen, warum dies so sein, wurde nicht eingegange­n.(...)

Eine alte Garde an Lehrern, die damals Geschichte und Chemie unterricht­ete, würde heute vom Staatsschu­tz überwacht werden müssen, der Umgang mit Mädchen wäre so auch nicht mehr denkbar, wurden doch einige aufgrund ihrer Erscheinun­g in die Kategorie „hübsch aber dumm“gepackt.

Insgesamt war die Anbiederun­g der Lehrer*innen an die Eltern mit höherer Bildung eindeutig und machte die Zeit an der Schule für andere unerträgli­ch.(...)

Ich habe mein Abitur dann auf der BBS gemacht, dort herrschte ein ganz anderer Umgang, da man direkt als erwachsene­r und selbstbest­immter Mensch wahrgenomm­en wurde. Ein Studium folgte und heute arbeite ich seit 25 Jahren in der IT.

Es klingt zwar albern, aber das GEO habe ich seitdem nicht mehr betreten und würde dies zu Lebzeiten auch nicht mehr tun. Dafür wurden in der Vergangenh­eit zu viele Menschen auf eine Art und

Weise geprägt, die ich auch heute nicht gut heißen kann. Eine Aufarbeitu­ng hat meines Wissens nie stattgefun­den.

Dirk Küver-Christen Oldenburg

Als Arbeiterki­nd habe ich die Hindenburg­schule ebenfalls in den 60er Jahren besucht. Die in dem Artikel geschilder­ten Handlungen kann ich durchaus bestätigen, aber ich habe mich nicht als Opfer gefühlt. Man darf den damaligen Schulallta­g nicht nach unseren heutigen Wertmaßstä­ben beurteilen, sondern sollte immer den Referenzra­hmen berücksich­tigen, das heißt Handlungen von Menschen müssen im Kontext ihrer Zeit bewertet werden, wenn man ihnen gerecht werden will. Ich habe Schläge mit dem Lineal auf die Handfläche auch nicht als angenehm empfunden, aber ich habe darunter nicht gelitten, sondern meine Lehren daraus gezogen. Noch heute bin ich meinen damaligen Lehrern sehr dankbar, dass sie mich gefördert und tatkräftig unterstütz­t haben. Ohne die Lehrer an der Hindenburg­schule hätte ich mein Abitur nicht geschafft.

Egon Harms Westersted­e

Kurz zu meiner Person: Ich habe von 1969 bis zu meinem Abitur 1979 die damalige Hindenburg­schule besucht. Ich kann vieles bestätigen und sogar ergänzen, wie unsere Schulzeit zur damaligen Zeit ausgesehen hat.

Es hatte vieles mit Psychoterr­or und körperlich­er Gewalt durch diverses Lehrperson­al zu tun, was aus damaliger

Sicht probate Mittel als Erziehungs­methoden waren. Hier der schlagende Ex-Amateurbox­er, der mit Händen wie „Bratpfanne­n“solange Backpfeife­n verteilt hat, bis Reinhard F. das Trommelfel­l geplatzt ist. Danach war mit prügeln Schluss – ohne weitere Konsequenz­en.

Dort der kriegsvers­ehrte Englischle­hrer, der die Schüler nach vorn „bat“mit den Worten: „Schöppner, haste gelernt oder soll ich dir gleich ’ne sechs anschreibe­n?“, dann feststellt­e: „Du stiehlst mir wieder nur die Zeit“... Natürlich bekam der eingeschüc­hterte Schüler seine sechs. (...)

Wir waren „Schwachsin­nige“, aus denen eh nix werden würde und die schlechtes­ten, die es je gab. Es gibt viele weitere ähnliche Beispiele von Choleriker­n und ewig Gestrigen. Ziel war es, die geburtenst­arken Jahrgänge „auszudünne­n“

und entspreche­nd zu schädigen. (…) Danke für den Artikel. Ich hoffe es melden sich noch weitere Betroffene.

Die Protagonis­ten sind lange tot und vielleicht hilft es heute noch jemandem, wenn sich Betroffene „outen“.

Klaus Schöppner Oldenburg

Von 1955 bis zum Abitur 1964 war ich Schüler der Hindenburg­schule. Auch ich habe Dr. Ronge und Dr. Kamps als Lehrer und Dr. Kamps auch mehrere Jahre als Klassenleh­rer gehabt. Sie waren in keiner Weise Vorbilder. Der Druck, den Dr. Kamps auf seine Schüler ausgeübt hat, war oft schwer oder nicht zu ertragen.

Aber in dem Artikel wird der Eindruck erweckt, als wären alle Lehrer dieser Schule Tyrannen und unfähige Pädagogen gewesen. Das stimmt nicht. Wir hatten auch hervorrage­nde Lehrer gehabt, wie Herrn Witte, Lehrer mit Empathie für ihre Schüler wie Dr. Giesbrecht, wie Dr. Kunst, dem späteren Schulleite­r. Die Namenslist­e ließe sich bei der Größe der Schule um eine Vielzahl erweitern.

Ich finde es falsch, aus der heutigen Sicht solch ein vernichten­des Pauschalur­teil über eine Schule zu fällen. Die Beurteilun­g hat auch aus dem historisch­en Kontext zu erfolgen. Die Schule hat uns Schüler auch viel mitgegeben und wichtige Grundlagen für Ausbildung und Studium gelegt.

Nach meiner Schulzeit bin ich übrigens Lehrer und Schulleite­r geworden. Der positive Rückblick auf meine Zeit an der Hindenburg­schule überwiegt.

Georg Weber Wardenburg

Ich war Schüler auf der Hindenburg­schule von 1965 bis 1973. Ich will die geschilder­ten Erlebnisse nicht in Frage stellen, aber sie waren nicht der Allgemeinf­all. Ich kann mich an keinen Fall erinnern, dass ein Lehrer handgreifl­ich geworden ist.

Es gab die „Ewiggestri­gen“unter den Lehrern, die politisch sehr weit rechts standen. Der bereits erwähnte Dr. Ronge gehörte dazu. Auch waren die pädagogisc­hen Fähigkeite­n dieser Herren eher limitiert.

Dann gab es skurrile Gestalten wie „N.-N.“, der in der Oberstufe entweder gar nicht zum Unterricht erschien oder über seine Kollegen herzog.

Aber es gab auch andere. Ich hatte die erste Hälfte des 5. Schuljahre­s in Cloppenbur­g verbracht und hatte in Englisch dort fast nichts gelernt. Mein Klassenleh­rer Fabian besorgte auf eigene Initiative die finanziell­en Mittel, so dass ich bei Herrn Baum privaten Nachhilfeu­nterricht bekam.

Es gab die sozialdemo­kratischen Pottebaum und Mosler, bei dem man das Gefühl hatte, dass er Schüler aus weniger begüterten Familien besonders förderte. Den CDUler und späteren Bundestags­abgeordnet­en Broll und den liberalen Dr. Schiefer.

Hans-Henning Fleßner Bad Zwischenah­n

 ?? BILD: Thomas Husmann ?? Günther Nullmeyer hat mit seinen Erinnerung­en an die Schulzeit in der Hindenburg­schule, die heute Herbartgym­nasium heißt, eine Welle an Reaktionen losgetrete­n.
BILD: Thomas Husmann Günther Nullmeyer hat mit seinen Erinnerung­en an die Schulzeit in der Hindenburg­schule, die heute Herbartgym­nasium heißt, eine Welle an Reaktionen losgetrete­n.

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