„Autonome Revolution“macht im Hafen fest
„Nellie Bly“macht auf Überführungsfahrt von Amsterdam nach Hamburg in Oldenburg Station
Oldenburg – Die Keimzelle der „autonomen Revolution auf dem Wasser“lag in Oldenburg. Genau genommen war es im September, als NWZ-Leser Jürgen Schirsching ein Foto vom Schlepper „Nellie Bly“schoss, als der auf seiner Überführungsfahrt von der holländischen Damen Werft in Amsterdam nach Hamburg in Oldenburg am Stau zur Übernachtung festgemacht hatte.
1000 Seemeilen
Wenige Wochen später startete das Schiff dann zu seiner autonomen Jungfernfahrt, die es über 1000 Seemeilen um Dänemark herum durch die Nord- und Ostsee führte. Wohlgemerkt autonom, also ohne Steuermann oder Kapitän an Bord. Überwacht beziehungsweise begleitet wurde die Fahrt von einer kleinen Crew an Bord und einem Team, das in Boston (USA) saß – weit entfernt auf der anderen Seite des Atlantiks. „Diese Betriebsart dürfte in Zukunft weltweit weitreichende Veränderungen im Betrieb von
Ohne Kapitän und Steuermann: Der autonome Schlepper „Nellie Bly“kann theoretisch ohne Besatzung fahren. Auf seiner Überführungsfahrt von Amsterdam nach Hamburg hat er vor wenigen Wochen im Alten Stadthafen festgemacht.
Schiffen sowohl in der See- wie auch in der Binnenschifffahrt zur Folge haben“, schätzt der Oldenburger Schifffahrtsexperte Schirsching diese revolutionäre technische Entwicklung ein.
Das US-amerikanische Unternehmen Sea Machines Robotics, führender Entwick
ler von autonomen Kommandound Kontrollsystemen für die maritime Industrie, hatte den Hochseeschlepper „Nellie Bly“dann von Cuxhaven aus auf eine Testreise geschickt, teilte die Pressestelle des Hamburger Hafens mit.
Der Damen-Schlepper ist ausgestattet mit Technik von
Sea Machines. „Die Reise mit dem Namen ‚The Machine Odyssey‘ soll beweisen, dass die Wasserstraßen der Welt für eine autonome Langstreckenfahrt gerüstet und bereit sind. Die Reise soll einer Vielzahl von Unternehmen zeigen, dass die Integration von autonomen Technologien viele
Vorteile mit sich bringen kann. Nicht nur die Sicherheit und Zuverlässigkeit erhöhen sich, sondern es sind sogar Produktivitätssprünge möglich“, heißt es weiter in der Mitteilung.
Biokraftstoff gebunkert
Während der Fahrt wurde, laut Angaben von Sea Machines, Biokraftstoff verwendet. Sogenanntes hydriertes Pflanzenöl (Hydrotreated Vegetable Oil, HVO) konnte die Schadstoffemissionen bei der Reise um 90 Prozent senken. Der Computer steuerte die Routenplanung und Navigation, auch die Tiefenmessung erfolgt beispielsweise vollautomatisch. Herzstück ist allerdings die über Kameras überwachte Hinderniserkennung.
Benannt ist der elf Meter lange und fünf Meter breite Schlepper nach der Reporterin Nelly Blie (Elizabeth Jane Cochran), die 1888 von der Zeitung New York World auf den Spuren von Jules Vernes Roman „In 80 Tagen um die Welt“auf eine Weltumrundung geschickt wurde. Nach 72 Tagen beendete Bly die in New York gestartete Reise.