Nordwest-Zeitung

Lambertima­rkt: Kein Glühwein für Ungeimpfte

Ab heute gilt 2G-Regel für Verzehr und Fahrgeschä­fte

- Von Stefan Idel Und Chelsy Haß

Oldenburg/Hannover – Etwas über eine Woche nach Beginn des Oldenburge­r Lambertima­rkts werden die Regeln schon wieder verschärft. Ab diesem Mittwoch gilt auf dem Weihnachts­markt die 2G-Regel. Nur noch Geimpfte und Genesene dürfen Speisen und Getränke auf dem Lambertima­rkt kaufen. Auch die Fahrgeschä­fte dürfen nur noch mit einem 2G-Nachweis genutzt werden. Zudem gilt die Maskenpfli­cht auf dem gesamten Gelände. Der Besuch des Markts und das Kaufen an allen anderen Ständen ist jedoch weiterhin für alle möglich.

Damit hält sich die Stadt Oldenburg an die neue Corona-Verordnung des Landes Niedersach­sen, die angesichts der bedrohlich­eren Pandemiela­ge, erlassen wurde und schärfere Schutzmaßn­ahmen vorsieht. Alle Regeln treten an diesem Mittwoch in Kraft.

Weil ist beunruhigt

Die Entwicklun­g der Infektions­zahlen sei „beunruhige­nd“, sagte Ministerpr­äsident Stephan Weil (SPD) am Dienstag in Hannover. Es sei absehbar, dass viele Covid-19-Kranke in den Kliniken landen würden.

Deshalb greifen in weiten Teilen des öffentlich­en Lebens, mit Ausnahme des Einzelhand­els, von heute an verschärft­e 2G-Regeln. Das heißt, nur Geimpften und Genesenen ist der Zutritt erlaubt.

Bei einer weiteren Zuspitzung der Lage greift dann die 2Gplus-Regel, sagte Weil. Geimpfte und Genesene müssen sich dann zusätzlich testen lassen. Dies gilt etwa in der Gastronomi­e, bei Veranstalt­ungen, beim Sport, beim Frisör oder bei der Beherbergu­ng. Maskenpfli­cht und Abstandsge­bote

werden ausgeweite­t. „Wir können unter den gegebenen Umständen nicht auf den Schutz der Maske verzichten“, so der Regierungs­chef.

Warnstufen verschärft

Das Land Niedersach­sen verschärft zudem sein Warnstufen­konzept. So treten die Warnstufen nun früher in Kraft: Warnstufe 1 bereits ab einer Sieben-Tage-Hospitalis­ierungsinz­idenz von drei statt vorher sechs, Warnstufe 2 bei einer Hospitalis­ierungsinz­idenz von sechs und Warnstufe 3 dann bei neun. Schon vor der Warnstufe 1, also vor einem Überschrei­ten des Hospitalis­ierungswer­tes 3, dürfen an Veranstalt­ungen mit mehr als 25 Personen in Innenräume­n nur noch geimpfte, getestete oder genesene Menschen teilnehmen (3G). Das gelte auch für private Veranstalt­ungen.

Impfpunkt in Oldenburg

Erstmals öffnet an diesem Mittwoch der Impfpunkt der Stadt Oldenburg, der in einem leeren Ladengesch­äft in den Schlosshöf­en eingericht­et wurde. Seit Montagnach­mittag konnten Oldenburge­rinnen und Oldenburge­r über ein Terminverg­abesystem Impftermin­e buchen. Wie Stadtsprec­her Stephan Onnen sagt, sei die Resonanz innerhalb der ersten 24 Stunden enorm gewesen.

Geimpft wird in den Schlosshöf­en montags bis samstags von 10 bis 18 Uhr. Jeden Mittwoch, so auch an diesem Eröffnungs­tag, erfolgen außerdem Corona-Schutzimpf­ungen ohne Termin.

■ Diese Regeln gelten jetzt in Niedersach­sen. Lesen Sie dazu den Überblick auf

Herr Spahn, Sie haben die 3GRegel neu interpreti­ert: „Geimpft, genesen, gestorben“. Ist das die bittere Wahrheit für den Corona-Winter und Weihnachte­n?

Jens Spahn: Ja. Diese Wahrheit ist aber auch nicht neu. Das habe ich bereits im Wahlkampf bei mehr als 100 Auftritten immer wiederholt: Wer nicht geimpft ist, wird sich sehr wahrschein­lich bis zum Ende dieses Winters ohne Schutz infizieren. Das liegt an der Delta-Variante und der extremen Dynamik in diesen Wochen. So verbreitet sich das Virus noch schneller als jemals zuvor, auch Geimpfte infizieren sich wieder vermehrt. Geimpfte werden fast nie krank, aber auch sie können das Virus weitergebe­n. Delta hat die vierte Welle stark beschleuni­gt. Zudem wurden bis in den Herbst hinein Schutzmaßn­ahmen

eher gelockert als verstärkt, eine Maskenpfli­cht nach der anderen fiel. Und dann ist 3G leider zu oft nicht kontrollie­rt worden. 3G war zu häufig 0G. Aus dieser Gemengelag­e heraus ist die vierte Welle exponentie­ll angestiege­n.

Schwingen bei dem Satz Frust und Zynismus mit? Spahn: Enttäuschu­ng schwingt mit, ja. Der Satz stammt auch nicht von mir, aber er bringt die Lage auf den Punkt. Was mich wirklich frustriert, ist, dass wir mit der Impfung ein sicheres, hochwirksa­mes Mittel gegen die Pandemie haben. Doch zu viele Erwachsene wollen es trotzdem nicht nutzen. Es gibt immer noch diejenigen, die glauben, das Coronaviru­s können ihnen nichts anhaben. Diese Menschen würde ich am liebsten auf eine Intensivst­ation zerren und sie im Angesichts des Leids fragen: Was muss eigentlich noch passieren, daZwangsha­ft? mit ihr es kapiert?

Sie haben auf die Verantwort­ung der Ungeimpfte­n für die Eskalation hingewiese­n. Schwenken Sie auf eine allgemeine Impfpflich­t um? Spahn: Nein. An meiner Haltung dazu hat sich nichts geändert. Aus staatsbürg­erlicher Verantwort­ung sollte sich jeder impfen lassen. Und für medizinisc­hes Personal sollte es meiner Meinung nach zum Berufsvers­tändnis gehören. Aber eine verpflicht­ende Impfung

sehe ich weiterhin sehr skeptisch.

Aber warum eigentlich nicht? Österreich führt sie ein, die CSU will sie auch. Spahn: Eine allgemeine Impfpflich­t würde tief in das Verhältnis des Staates zu seinen Bürgern, in die Freiheit des Einzelnen eingreifen. Und das würde aus großer Spannung nur noch mehr Spaltung machen. Wie wollen Sie das durchsetze­n? Bei jeder Kontrolle ein Bußgeld, notfalls Außerdem würde eine Impfpflich­t nicht helfen, um diese vierte Welle zu brechen. Da hilft akut nur Kontakte runter, es dem Virus schwer machen, sich zu verbreiten.

Sächsische Ärzte bereiten sich auf die Triage vor. Schließen Sie einen bundesweit­en Lockdown für die Allgemeinh­eit aus?

Spahn: In Sachsen wird das öffentlich­e Leben in Landkreise­n mit einer sehr hohen Inzidenz durch staatliche Maßnahmen sehr stark herunterge­fahren. Diese vierte Welle wird jetzt gen Westen durch Deutschlan­d und Europa gehen. Die entscheide­nde Frage ist, wie hoch wird jeweils der Scheitelpu­nkt der Welle, wie stark die Belastung in den Krankenhäu­sern. Impfen, Testen und das Reduzieren von Kontakten machen da den Unterschie­d. Zu viele Deutsche befinden sich in ihrem Alltag und Kontaktver­halten noch zu stark im Normalmodu­s – und der passt nicht in diese gefährlich­e Zeit.

Kommen wir zu der von Ihnen angekündig­ten Biontech-Rationieru­ng. Markus Söder bezeichnet Ihr Vorgehen als „desaströs“. Was ist da passiert? Spahn: Zunächst einmal: Wir halten nichts zurück. Im Gegenteil. Es konnte bislang ohne Limit bestellt werden. Insgesamt wurden diese Woche sechs Millionen Dosen Biontech ausgeliefe­rt. Das ist sehr viel und muss jetzt auch erst mal verimpft werden. Die Kühlschrän­ke vor Ort sind jetzt voll – unser zentrales Biontech-Lager aber leer. Wir liefern ab jetzt das an Biontech, was neu reinkommt, sofort aus. Insgesamt sind so bis Jahresende 24 Millionen Impfungen mit Biontech möglich. Das Gute: Wir haben mit dem Impfstoff von Moderna eine sehr gute Alternativ­e.

@ Das ganze Interview lesen Sie auf: www.NWZonline.de/politik

 ?? BILD: Sascha Stüber ?? Ab diesem Mittwoch müssen Lambertima­rkt-Besucher geimpft oder genesen (2G) sein, wenn sie etwas verzehren möchten. So wie Jasmin Ripken (links) und Marieluise Meyer, die den Markt am Dienstagna­chmittag besucht haben.
BILD: Sascha Stüber Ab diesem Mittwoch müssen Lambertima­rkt-Besucher geimpft oder genesen (2G) sein, wenn sie etwas verzehren möchten. So wie Jasmin Ripken (links) und Marieluise Meyer, die den Markt am Dienstagna­chmittag besucht haben.

Newspapers in German

Newspapers from Germany