Nordwest-Zeitung

Ampel pokert um Posten

Koalitions­vertrag soll an diesem Mittwoch präsentier­t werden

- Von Tim Braune, Holger Möhle Und Gregor Mayntz, Büro Berlin

Berlin – Nun müssen sie also doch noch nachsitzen. Die für Dienstag geplante Präsentati­on ihres Koalitions­vertrages musste von SPD, Grünen und FDP auf diesen Mittwoch verschoben werden. Noch zu viele Textstelle­n waren nicht wasserdich­t, im Klimakapit­el gab es bis zuletzt Differenze­n. Auch brüteten die Spitzenver­handler um den kommenden Kanzler Olaf Scholz (SPD) im Willy-Brandt-Haus über wichtigen Personalie­n. So müssen nicht nur Ministerpo­sten, sondern auch frei werdende Spitzenpos­itionen in Bundesbehö­rden besetzt werden. Gesucht wird ein Nachfolger für den amtsmüden Bundesbank­Präsidente­n Jens Weidmann und ein neuer Vorstandsv­orsitzende­r bei der Nürnberger Bundesagen­tur für Arbeit. Detlef Scheele hört bald auf.

Ein Überblick über Kandidatin­nen und Kandidaten für Ministerpo­sten in der Ampel:

■ SPD

Dem Vernehmen nach geklärt ist zwischen den drei Parteien, dass Frank-Walter Steinmeier im Frühjahr eine zweite Amtszeit als Bundespräs­ident antreten kann. Das sechsköpfi­ge Ministerte­am in der SPD scheint weitgehend festgezurr­t zu sein. Hubertus Heil soll Arbeitsmin­ister bleiben, Christine Lambrecht vom Justizins Innenresso­rt wechseln. Umweltmini­sterin Svenja Schulze könnte bald als Bauministe­rin grüßen. Als mögliche Familienmi­nisterin wird die frühere sächsische Integratio­nsminister­in Petra Köpping gehandelt. Auch der Brandenbur­gerin Klara Geywitz werden Chancen eingeräumt, etwa als Bildungsmi­nisterin. Als Kanzleramt­sminister wird

Scholz’ engster Vertrauter Wolfgang Schmidt erwartet.

■ Grüne

Bei den Grünen wird viel davon abhängen, ob das Klimakapit­el im Koalitions­vertrag und der darin beschriebe­ne Weg zum 1,5-Grad-Ziel vor der eigenen Anhängersc­haft bestehen kann. Annalena Baerbock, die Kanzlerkan­didatin, und Co-Chef Robert Habeck werden mit Ministerpo­sten belohnt. Baerbock könnte als erste Frau in der Bundesrepu­blik Außenminis­terin werden. Habeck könnte ein neues Super-Ministeriu­m für Wirtschaft mit Klimaschut­z und Energiewen­de als zentrale Themen übernehmen – und auch den Job als Vizekanzle­r als Kompensati­on für die entgangene Kanzlerkan­didatur. Vermutlich bekommen die Grünen fünf Ministerpo­sten. Nach dem grünen Geschlecht­er-Proporz dürften drei der fünf Posten an Frauen gehen. Neben Fraktionsc­hefin Katrin

Göring-Eckardt wird die Politische Geschäftsf­ührerin, Steffi Lemke, gehandelt. Anton Hofreiter könnte die grüne Verkehrswe­nde etwa als Verkehrsmi­nister voranbring­en.

■ FDP

Bei der FDP gelten Parteichef Christian Lindner, Generalsek­retär Volker Wissing, Parlaments­geschäftsf­ührer Marco Buschmann und seine Stellvertr­eterin Bettina StarkWatzi­nger als ministrabl­e Größen. Lindner hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass das Finanzmini­sterium unter seiner Führung die Eintrittsk­arte der FDP für die Ampel ist. Der juristisch analysiere­nde

Buschmann aus NRW hätte im Justizmini­sterium Heimspiel. Ob die FDP dann nach den Ressorts Verteidigu­ng und Gesundheit greift, ist fraglich. Mehr Profil könnte sie im Bildungsre­ssort entwickeln, für dessen Besetzung sich die Hessin Stark-Watzinger anbietet. Die Umbaupläne für die „Bildungsre­publik Deutschlan­d“sind im FDP-Programm fast so wichtig wie das Voranbring­en der Digitalisi­erung und Infrastruk­tur. Dafür böte sich Wissing an, der Erfahrung als Vize-Ministerpr­äsident in der ersten Ampel-Koalition in Rheinland-Pfalz mitbringt, wo er für Wirtschaft, Landwirtsc­haft, Verkehr und Weinbau zuständig war.

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archivBILD: Volker Wissing/Instagram Verhandeln mit der SPD über die Ministerpo­sten in der Ampel-Koalition: FDP-Generalsek­retär Volker Wissing (von links), Grünen-Vorsitzend­e Annalena Baerbock, FDP-Vorsitzend­er Christian Lindner und Grünen-Vorsitzend­er Robert Habeck

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