Ampel pokert um Posten
Koalitionsvertrag soll an diesem Mittwoch präsentiert werden
Berlin – Nun müssen sie also doch noch nachsitzen. Die für Dienstag geplante Präsentation ihres Koalitionsvertrages musste von SPD, Grünen und FDP auf diesen Mittwoch verschoben werden. Noch zu viele Textstellen waren nicht wasserdicht, im Klimakapitel gab es bis zuletzt Differenzen. Auch brüteten die Spitzenverhandler um den kommenden Kanzler Olaf Scholz (SPD) im Willy-Brandt-Haus über wichtigen Personalien. So müssen nicht nur Ministerposten, sondern auch frei werdende Spitzenpositionen in Bundesbehörden besetzt werden. Gesucht wird ein Nachfolger für den amtsmüden BundesbankPräsidenten Jens Weidmann und ein neuer Vorstandsvorsitzender bei der Nürnberger Bundesagentur für Arbeit. Detlef Scheele hört bald auf.
Ein Überblick über Kandidatinnen und Kandidaten für Ministerposten in der Ampel:
■ SPD
Dem Vernehmen nach geklärt ist zwischen den drei Parteien, dass Frank-Walter Steinmeier im Frühjahr eine zweite Amtszeit als Bundespräsident antreten kann. Das sechsköpfige Ministerteam in der SPD scheint weitgehend festgezurrt zu sein. Hubertus Heil soll Arbeitsminister bleiben, Christine Lambrecht vom Justizins Innenressort wechseln. Umweltministerin Svenja Schulze könnte bald als Bauministerin grüßen. Als mögliche Familienministerin wird die frühere sächsische Integrationsministerin Petra Köpping gehandelt. Auch der Brandenburgerin Klara Geywitz werden Chancen eingeräumt, etwa als Bildungsministerin. Als Kanzleramtsminister wird
Scholz’ engster Vertrauter Wolfgang Schmidt erwartet.
■ Grüne
Bei den Grünen wird viel davon abhängen, ob das Klimakapitel im Koalitionsvertrag und der darin beschriebene Weg zum 1,5-Grad-Ziel vor der eigenen Anhängerschaft bestehen kann. Annalena Baerbock, die Kanzlerkandidatin, und Co-Chef Robert Habeck werden mit Ministerposten belohnt. Baerbock könnte als erste Frau in der Bundesrepublik Außenministerin werden. Habeck könnte ein neues Super-Ministerium für Wirtschaft mit Klimaschutz und Energiewende als zentrale Themen übernehmen – und auch den Job als Vizekanzler als Kompensation für die entgangene Kanzlerkandidatur. Vermutlich bekommen die Grünen fünf Ministerposten. Nach dem grünen Geschlechter-Proporz dürften drei der fünf Posten an Frauen gehen. Neben Fraktionschefin Katrin
Göring-Eckardt wird die Politische Geschäftsführerin, Steffi Lemke, gehandelt. Anton Hofreiter könnte die grüne Verkehrswende etwa als Verkehrsminister voranbringen.
■ FDP
Bei der FDP gelten Parteichef Christian Lindner, Generalsekretär Volker Wissing, Parlamentsgeschäftsführer Marco Buschmann und seine Stellvertreterin Bettina StarkWatzinger als ministrable Größen. Lindner hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass das Finanzministerium unter seiner Führung die Eintrittskarte der FDP für die Ampel ist. Der juristisch analysierende
Buschmann aus NRW hätte im Justizministerium Heimspiel. Ob die FDP dann nach den Ressorts Verteidigung und Gesundheit greift, ist fraglich. Mehr Profil könnte sie im Bildungsressort entwickeln, für dessen Besetzung sich die Hessin Stark-Watzinger anbietet. Die Umbaupläne für die „Bildungsrepublik Deutschland“sind im FDP-Programm fast so wichtig wie das Voranbringen der Digitalisierung und Infrastruktur. Dafür böte sich Wissing an, der Erfahrung als Vize-Ministerpräsident in der ersten Ampel-Koalition in Rheinland-Pfalz mitbringt, wo er für Wirtschaft, Landwirtschaft, Verkehr und Weinbau zuständig war.