„Debatte um epidemische Lage hat Ampel geschadet“
Die Ampel-Koalitionsparteien befinden sich in einer kritischen Phase, meint Forsa-Chef Manfred Güllner. Er nimmt Stellung zum CDU-Vorsitz und Olaf Scholz’ Strahlkraft für die SPD als möglicher Kanzler.
Welche der Parteien profitiert oder leidet derzeit besonders unter dem Corona-Chaos in der Politik?
Manfred Güllner: Im Augenblick sehen wir vor allem, dass die Euphorie für die AmpelKoalition deutlich zurückgeht. Zum einen sinkt die Kompetenz, die man den drei Parteien zuschreibt. Zudem fallen die Zustimmungswerte für die SPD und die FDP, bei den Grünen halten sie sich gerade noch. Insgesamt hat vor allem die Debatte um die epidemische Lage der Ampel schwer geschadet. Die Union hält sich derzeit eher auf einem schwachen Stand, etwas unterhalb dessen, was sie bei der Wahl erreichte.
Die CDU-Vorstellungsfrist für die Kandidaten um den Parteivorsitz beginnt. Mit welchem der drei hat die CDU die besten Zukunftschancen? Güllner: Frühere Umfragen haben uns bereits gezeigt, dass weder Röttgen noch Merz Wählermagneten sind. Die Zustimmung für sie ist daher bei den Menschen eher verhalten. Wie das bei Kanzleramtschef Braun aussieht, kann man noch nicht so genau sagen. Der ist bundesweit noch zu wenig bekannt – ihm fehlen noch die klaren Konturen.
Hat die Union Aussichten, wieder auf ein Zustimmungsniveau von 30 bis 40 Prozent beim Wähler zurückzukehren? Güllner: Unmöglich ist das zwar nicht. Schließlich hatte
die Union in der Anfangsphase der Pandemie Werte um die 40 Prozent. Grundsätzlich aber ist die Frage, ob das Modell der Volksparteien mit hoher Bindekraft für vielerlei Gruppen noch funktioniert. Nach allen Indikatoren, die wir sehen, scheint es eher so, dass dieses Modell ausläuft.
Zu den Ampel-Verhandlungen. Für welche der drei Parteien ist das Risiko am größten? Güllner: Das ist für alle drei etwa gleich groß. Entscheidend ist, wie die Interessen austariert werden.
Hat Olaf Scholz als Kanzler das Zeug, die SPD in ein „sozialdemokratisches Jahrzehnt“zu führen?
Güllner: Frühere sozialdemokratische Kanzler hatten, gemessen an den Zahlen, eine viel größere Vertrauensbasis als Scholz. Hinzu kommt, dass die SPD in der Ampel, nimmt man die Wählerzahlen, schwächer ist als die beiden kleineren Partner zusammen. Es hängt nun viel davon ab, wie Scholz sich in einem solchen neuen Bündnis durchsetzen kann.