Nordwest-Zeitung

Zwischen Abschied und Neubeginn

ARD zeigt an diesem Mittwoch „Die Luft, die wir atmen“– Schicksale kreuzen sich

- Von Klaus Braeuer

Frankfurt/Main – Es ist ein klirrend kalter Wintertag, irgendwo auf dem Land bei Frankfurt am Main, hier statten mehrere Gäste einen Besuch bei ihren Angehörige­n in einem Altenheim ab. In „Die Luft, die wir atmen“kreuzen sich an diesem Mittwoch um 20.15 Uhr im Ersten Schicksale.

Florist Klaus (Rainer Bock) will seine an Parkinson erkrankte Partnerin Sylvia (Ruth Reinecke) überreden, in ihr gemeinsame­s Heim zurückzuzi­ehen, um sich dort von ihm pflegen zu lassen.

Derweil möchte Alisa (Bernadette Heerwagen) ihren dementen Vater Martin (Gerd Wameling) endlich davon überzeugen, ihr eine Vollmacht für sein Konto auszustell­en. Bisher weigert der Geigenbaue­r sich, seinen Pflegeplat­z selbst zu bezahlen, was die Beziehung von Alisa zu ihrer Frau Sarah (Katharina Nesytowa) stark belastet.

Lana (Babara Philipp) wurde von ihrem Bruder Jürgen (Thomas Loibl) herbeigeru­fen: Er sitzt bereits seit neun Stunden am Sterbebett der Mutter und kann nicht loslassen, obwohl sie die beiden Geschwiste­r vor vielen Jahren auseinande­rgebracht hat.

Schmerzhaf­tes Loslassen

Neda Rahmanian (42, „Der Kroatien-Krimi“) ist in der Rolle der erfahrenen und besonnenen Heimleiter­in ebenso überzeugen­d wie Katja Studt als herzensgut­e Pflegerin. Überhaupt sind nahezu alle Rollen in diesem Film exzellent besetzt und gespielt, mit unglaublic­h viel Einfühlung­skleinen

vermögen für Themen wie gegenseiti­gem Verständni­s, Belastbark­eit der Beziehunge­n und schmerzhaf­tem Loslassen.

Regisseur Martin Enlen („Wilsberg“) sagte in einem ARD-Interview: „Dieser Film ist ganz sicher keine Dokumentat­ion über den Zustand in deutschen Alten- und Pflegeheim­en.

Aber vielleicht ist er auch gar nicht so fern von der Realität, wie man sie ja sicher sehr unterschie­dlich wahrnehmen kann.“

Da könnte etwas dran sein, denn manche Szenen wirken in ihrer zwischenme­nschlichen Intimität geradezu erschrecke­nd realistisc­h. Der Film ist mit großer Ruhe und

Pausen erzählt, was durch die Musikzusam­menstellun­g von Dieter Schleip hervorrage­nd unterstütz­t wird. Das hereinbrec­hende Unwetter mit Blitzeis hilft dabei, ganz verschiede­ne Menschen einander näher oder gar (wieder) zusammenzu­bringen – sie können ja nicht weg.

Viele Gespräche

Gerade durch Gespräche, unter Lebenden, mit Sterbenden und mit Toten, können Versäumnis­se und verschütte­te Gefühle endlich hervortret­en. Dabei ist es in diesem Heim mit dem Charme der 70er Jahre ganz gut auszuhalte­n die Pandemie ist weit weg, die freundlich­en Mitarbeite­rinnen sind einfach eine Wohltat, und sogar für die Liebe ist noch Platz. Denn gerade sie wird – genauso wie die Luft zum Atmen – dringend zum Leben gebraucht.

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BILD: Bettina Müller/hr Martin (Gerd Wameling) und Alisa Glenski (Bernadette Heerwagen) in einer Szene aus „Die Luft, die wir atmen“
 ?? BILD: HR/Müller ?? Florist Klaus (Rainer Bock) will seine Frau Sylvia (Ruth Reinecke) überreden, ins Haus zurückzuko­mmen.
BILD: HR/Müller Florist Klaus (Rainer Bock) will seine Frau Sylvia (Ruth Reinecke) überreden, ins Haus zurückzuko­mmen.

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