Nordwest-Zeitung

Machtkampf um einen EU-Spitzenpos­ten

Wer wird die Nachfolge des Parlaments­präsidente­n David Sassoli übernehmen? – Heute entscheide­t die EVP

- Von Katrin Pribyl, Büro Brüssel

Brüssel/Straßburg – Es kam kaum überrasche­nd, dass Manfred Weber seine kurze Ansprache am Dienstag auch mit einer Ausführung versah, welch „loyal und stabiler Partner“Europas konservati­ve Parteienfa­milie zu Beginn dieses Mandats doch gewesen sei. Er spielte auf den Sommer 2019 an, als Chaos und Empörung herrschten um die Vergabe der Spitzenpos­ten in Brüssel, darunter auch jene für das Amt des Präsidente­n des Europäisch­en Parlaments.

Die Erinnerung von Weber, Vorsitzend­er der Fraktion der Europäisch­en Volksparte­i (EVP), dürfte jedenfalls weniger den anwesenden Journalist­en als dem aktuellen Präsidente­n David Sassoli gegolten haben. Denn auch wenn an diesem Mittwochab­end die EVP-Fraktion in Straßburg aus drei Bewerbern ihre Kandidatin oder ihren Kandidaten für das Spitzenamt festlegt, gilt es keineswegs als gesetzt, dass er oder sie Sassoli auch im neuen Jahr ablöst.

Rückhalt für Metsola

Das sorgt für Verstimmun­g bei den Konservati­ven. Sie verweisen auf einen Deal, den die beiden stärksten Fraktionen 2019 vereinbart hatten: Ein Kandidat der Sozialiste­n soll für die ersten zweieinhal­b Jaham

re Parlaments­präsident sein, damit dann ein Konservati­ver das Amt übernehmen kann.

Dementspre­chend fordert die EVP, dass entweder Roberta Metsola aus Malta, die Niederländ­erin

Esther de Lange oder der Österreich­er Othmar Karas befördert werden. Bei

der Frage, wen die deutsche Delegation aus der DreierRund­e befürworte­t, herrschte

Dienstag Zurückhalt­ung. Dabei machten Gerüchte die Runde, dass sich die deutschen Konservati­ven hinter den Kulissen auf die Bewerberin Metsola aus Malta verschwore­n haben, um auf europäisch­er Ebene weiterhin eine einflussre­iche Stimme zu haben.

Metsola komme aus „einem winzigen Land und ist vollkommen abhängig“, zitierte „Politico“einen anonymen EVP-Funktionär. Mit einem „Roberta-Paket“verfolge man das Ziel, so die Andeutung, deutsche Konservati­ve in Schlüsselj­obs unterzubri­ngen. „Sie klammern sich verzweifel­t an die Macht, ungeachtet dessen, dass sie in Deutschlan­d geschlagen wurden.“

Webers Zukunftspl­äne

Ursprüngli­ch war geplant, dass Weber für die zweite Legislatur­periode Sassoli beerbt – sozusagen als Trost für den geplatzten Traum vom Amt des Kommission­spräsident­en. Denn obwohl er bei der Europawahl stimmenstä­rkster Spitzenkan­didat war, hatten Paris und Berlin Weber dieses Amt verwehrt. Im September zog sich der niederbaye­rische CSU-Politiker jedoch aus dem Rennen zurück und kündigte stattdesse­n an, sich zusätzlich zur Führung der Fraktion auch für die Nachfolge von Donald Tusk als Vorsitzend­er der EVPParteie­nfamilie zu bewerben.

 ?? IMAGO-BILD: Lucas ?? EU-Parlaments­präsident David Sassoli (vorne) im Brüsseler Sitzungssa­al. Die Suche nach seinem Nachfolger oder seine Nachfolger­in hat begonnen. Die EVP-Fraktion entscheide­t an diesem Mittwoch über ihren Kandidaten.
IMAGO-BILD: Lucas EU-Parlaments­präsident David Sassoli (vorne) im Brüsseler Sitzungssa­al. Die Suche nach seinem Nachfolger oder seine Nachfolger­in hat begonnen. Die EVP-Fraktion entscheide­t an diesem Mittwoch über ihren Kandidaten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany