800 Impfdosen bestellt – keine kommt
Arztpraxen in Oldenburg müssen wegen Lieferengpässen Impftermine absagen
Oldenburg – Joachim Hansel ist 76 Jahre alt. Seit 30. November ist eine Auffrischungsimpfung fällig. „Meine Hausärztin hat mir den 8. März 2022 angeboten“, berichtet der Oldenburger, „aber solange wollte ich nicht warten“. Sein Orthopäde nannte den 9. Dezember als Termin – eigentlich. Denn „am Donnerstag kam der Anruf, dass die Impfung wegen fehlender Lieferung leider nicht möglich ist“.
Der Rentner ärgert sich: „In Berlin wird vollmundig eine große Impfkampagne verkündet, aber an der Basis fehlen Impfdosen – wie passt das zusammen?“
Eigene Verantwortung
So wie Joachim Hansel geht es in den diesen Tagen zahlreichen Impfwilligen. Impfdosen fehlen, Termine müssen abgesagt werden. Entgegen den Zusagen des Bundesgesundheitsministeriums kommt auch der Impfstoff Moderna nicht wie bestellt an. „Gerade jetzt, wo das Impftempo rapide angestiegen ist, darf es zu solchen Engpässen einfach nicht kommen“, ärgert sich ein Sprecher der Kassenärztlichen
Vereinigung Niedersachsen.
Das Anästhesiezentrum Oldenburg erhält nächste Woche nur die Hälfte der bestellten Anzahl Biontech-Impfdosen. Jan Hrudnik und sein Team bieten Schwangeren und Impflingen unter 30 an, sich mit Moderna Boostern zu lassen. „Es besteht die Möglichkeit, dass sich Impflinge auf eigenen Wunsch und nach
Aufklärung mit einem Impfstoff boostern lassen, für den die Ständige Impfkommission keine ausdrückliche Empfehlung ausgesprochen hat“, erläutert der Facharzt. „Die Impfwilligen unterschreiben, dass sie die Impfung auf eigene Verantwortung erhalten.“Der Impfpunkt Oldenburg berichtet ebenfalls von Lieferengpässen bei Biontech. Moderna
stehe in ausreichender Menge zur Verfügung.„Wir haben 12 statt 20 Vials Biontech bekommen; auch für übernächste Woche sind Kürzungen angekündigt“, sagt Hausarzt Dr. Volker Nüstedt. „Notfalls müssen wir terminierte Patienten ungeimpft nach Hause schicken.“Das sei „schwierig, weil die ja auch einen Ersatztermin brauchen.“
Wie viele andere Praxen habe seine Praxis „einen kleinen Puffer im Kühlschrank“. Damit seien „die nächsten zwei Wochen gesichert“.Hausarzt Dr. Jörg Thräne aus Osternburg hat 800 Impfdosen für nächste Woche bestellt, wird aber keine einzige erhalten. Die Praxis will dennoch alle Impftermine einhalten. „Wir arbeiten mit Restbeständen und setzen verstärkt Moderna statt Biontech zum Boostern ein“, kündigte Dr. Thräne an. Zudem habe ihm eine Apotheke kurzfristig weitere Impfdosen in Aussicht gestellt. Eine Arztpraxis in Friesland hatte nach eigenen Angaben 60 Impfdosen für kommende Woche bestellt, erhält aber nur 18. Als Folge müssten 42 Impftermine abgesagt werden, heißt es.
Kein Termin
Joachim Hansel hat nach der Absage seines Orthopäden weitergesucht, aber zu seinem Bedauern keinen Termin zum Boostern vor Weihnachten mehr bekommen. „Ich hätte mich über die Feiertage, wenn die Enkel kommen, besser gefühlt.“Beim Anästhesiezentrum ist er nun für den 29. Dezember angemeldet – in mehr als drei Wochen.