Die Linke steckt in tiefer Krise
Über die Lage der Partei „Die Linke“äußert sich deren CoVorsitzende Janine Wissler.
Frau Wissler, wäre die Linke gerade gern Teil der Bundesregierung? In diesen Corona-Zeiten ist Opposition doch gar nicht so schlecht, oder? Wissler: Natürlich würden wir gerne die Politik mitbestimmen und Einfluss darauf nehmen, dass es Millionen Menschen besser geht. Es ist genug Geld da in diesem Land, doch es bleibt falsch verteilt. Wer die Reichen schont, versündigt sich an denen, die wenig oder nichts haben. Mit der Ampel wird es keine Umverteilung von oben nach unten geben und keine Vermögensteuer. Wir brauchen aber dringend eine andere Steuerpolitik, um in Klimaschutz zu investieren, die Schulen und Krankenhäuser besser auszustatten und die Armut zu bekämpfen. Wer dazu noch die Schuldenbremse für sakrosankt erklärt, hat kein Geld, diese großen Zukunftsthemen zu finanzieren.
Ist Ihre Partei in der Existenz gefährdet?
Wissler: Wir sind in einer schwierigen und durchaus existenziellen Situation. Das Wahlergebnis war desaströs. Aber: Es gibt uns noch. Und: Die Linke wird gebraucht. Wir sind die Opposition von links zu einer Ampel, die viele Zukunftsprobleme nicht lösen wird. Die Vielstimmigkeit der Linken, die den Eindruck von Zerstrittenheit erzeugt, müssen wir überwinden und sozial gerecht Alternativen aufzeigen. Wenn wir mit einander widersprechenden Positionen in der Öffentlichkeit stehen, haben wir ein Problem. Nach der Linken gefragt, muss das klare Bild sein: Die Linke, das ist die Gerechtigkeitspartei, die will, dass Pflegekräfte mehr Geld verdienen, die sich für bezahlbare Mieten einsetzt, die Armut bekämpfen und Reichtum gerecht verteilen will. Daran müssen wir arbeiten.
Entscheiden die Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen, in Schleswig-Holstein, in Niedersachsen und im Saarland über die Existenz der Linken? Wissler: Das sind wichtige Wahlen und wir können in allen Ländern den Einzug in die Landtage schaffen. Gerade dieses Wahljahr hat ja gezeigt, wie volatil die Stimmung ist und welche Auf-und-Abs es in den Umfragen geben kann. Wir haben eine Chance, wenn wir uns profilieren können als moderne Gerechtigkeitspartei, die für soziale und demokratische Rechte, Klimaschutz und Frieden eintritt.