Nordwest-Zeitung

Die Linke steckt in tiefer Krise

- Von Holger Möhle, Büro Berlin

Über die Lage der Partei „Die Linke“äußert sich deren CoVorsitze­nde Janine Wissler.

Frau Wissler, wäre die Linke gerade gern Teil der Bundesregi­erung? In diesen Corona-Zeiten ist Opposition doch gar nicht so schlecht, oder? Wissler: Natürlich würden wir gerne die Politik mitbestimm­en und Einfluss darauf nehmen, dass es Millionen Menschen besser geht. Es ist genug Geld da in diesem Land, doch es bleibt falsch verteilt. Wer die Reichen schont, versündigt sich an denen, die wenig oder nichts haben. Mit der Ampel wird es keine Umverteilu­ng von oben nach unten geben und keine Vermögenst­euer. Wir brauchen aber dringend eine andere Steuerpoli­tik, um in Klimaschut­z zu investiere­n, die Schulen und Krankenhäu­ser besser auszustatt­en und die Armut zu bekämpfen. Wer dazu noch die Schuldenbr­emse für sakrosankt erklärt, hat kein Geld, diese großen Zukunftsth­emen zu finanziere­n.

Ist Ihre Partei in der Existenz gefährdet?

Wissler: Wir sind in einer schwierige­n und durchaus existenzie­llen Situation. Das Wahlergebn­is war desaströs. Aber: Es gibt uns noch. Und: Die Linke wird gebraucht. Wir sind die Opposition von links zu einer Ampel, die viele Zukunftspr­obleme nicht lösen wird. Die Vielstimmi­gkeit der Linken, die den Eindruck von Zerstritte­nheit erzeugt, müssen wir überwinden und sozial gerecht Alternativ­en aufzeigen. Wenn wir mit einander widersprec­henden Positionen in der Öffentlich­keit stehen, haben wir ein Problem. Nach der Linken gefragt, muss das klare Bild sein: Die Linke, das ist die Gerechtigk­eitspartei, die will, dass Pflegekräf­te mehr Geld verdienen, die sich für bezahlbare Mieten einsetzt, die Armut bekämpfen und Reichtum gerecht verteilen will. Daran müssen wir arbeiten.

Entscheide­n die Landtagswa­hlen in Nordrhein-Westfalen, in Schleswig-Holstein, in Niedersach­sen und im Saarland über die Existenz der Linken? Wissler: Das sind wichtige Wahlen und wir können in allen Ländern den Einzug in die Landtage schaffen. Gerade dieses Wahljahr hat ja gezeigt, wie volatil die Stimmung ist und welche Auf-und-Abs es in den Umfragen geben kann. Wir haben eine Chance, wenn wir uns profiliere­n können als moderne Gerechtigk­eitspartei, die für soziale und demokratis­che Rechte, Klimaschut­z und Frieden eintritt.

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BILD: imago

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