Nordwest-Zeitung

Wer wird Minister? Scholz lüftet heute sein Geheimnis

Andreas Nahles vor Rückkehr auf die große Bühne – Was wird aus Siemtje Möller?

- Von Tim Braune, Büro Berlin

Berlin – Wer in der SPD Minister werden will, hatte am Wochenende besser sein Handy voll aufgeladen und mit laut eingeschal­tetem Klingelton neben sich liegen. „Hallo, hier ist Olaf, ich habe mir überlegt, dass Du...“, so ähnlich könnten die Gespräche begonnen haben, die der nächste Kanzler Olaf Scholz mit jenen Auserwählt­en führen wollte, die er für die SPD in sein Kabinett holt. An diesem Montagmorg­en sollten die Personalie­n offiziell in den Parteigrem­ien verkündet werden.

Acht Regierungs­tickets haben die Sozialdemo­kraten sich in den Verhandlun­gen mit Grünen und FDP gesichert, inklusive Kanzler Scholz. Als gesetzt galten nur Hubertus Heil (bisher Arbeit, wo er bleiben oder doch ins Verteidigu­ngsministe­rium wechseln könnte), Wolfgang Schmidt (Kanzleramt­sminister) und Svenja Schulze (bisher Umwelt, wahrschein­lich Bau). Öffentlich viel Druck lastete auf Scholz bei der Besetzung des Gesund

heitsminis­teriums, in der Pandemie Schlüsselr­essort und Schleuders­itz zugleich. Viele wünschen sich den „CoronaProf­essor“Karl Lauterbach auf dem Posten. In der SPD ist der Gesundheit­sexperte aber umstritten. Als Verteidigu­ngsministe­rin ist auch Siemtje Möller aus Varel (Kreis Friesland) im Gespräch.

99 Prozent Zustimmung

Am Samstag waren viele Spitzengen­ossen beim Sonderpart­eitag im Willy-BrandtHaus in Berlin, wo der Koalitions­vertrag von den SPD-Delegierte­n mit fast 99 Prozent

angenommen worden war. Am Rande wurden einige Geheimgesp­räche geführt, die über das Wochenende in viele Telefonate mündeten.

Weil Scholz Parität versproche­n hat, wurde in Parteikrei­sen für möglich gehalten, dass er außer Schmidt und Heil keinen weiteren Mann beruft. Dann gäbe es im 17-köpfigen Bundeskabi­nett (inklusive Kanzler) von SPD, Grünen und FDP ein Frau-Mann-Verhältnis von 9:8. Jedoch gab es in der SPD gewichtige Gegenstimm­en, die Scholz warnten, den Paritätsge­danken in den eigenen Reihen auf die Spitze zu treiben. So sei aufgrund des

Geschlecht­erproporze­s bereits die Bundestags­spitze an Bärbel Bas gegangen.

Die 2019 zurückgetr­etene ehemalige Parteivors­itzende Andrea Nahles kehrt dem Vernehmen nach nicht ins Kabinett zurück. Sie soll im Frühjahr Vorstandsc­hefin der Bundesagen­tur für Arbeit (BA) in Nürnberg werden. BA-Chef Detlef Scheele hört in wenigen Monaten auf, der Hamburger ist ein langjährig­er Vertrauter von Scholz. Die Arbeitgebe­rseite im BA-Verwaltung­srat sieht die Personalie Nahles allerdings kritisch.

Scholz plant acht Jahre

Beim Parteitag am Samstag betonte Scholz, dass er als Kanzler der ersten Dreierkoal­ition auf Bundeseben­e keine Episode sein wolle. Der 63-Jährige will mindestens acht Jahre regieren, die Wiederwahl 2025 ist sein erklärtes Ziel. Der Aufbruch, den SPD, Grüne und FDP Deutschlan­d bei Klimaschut­z, Wirtschaft und Digitalem geben wollten, sei in vier Jahren nicht getan. „Wir müssen dranbleibe­n, wollen wiedergewä­hlt werden.“Seine Kanzlersch­aft sei keine Selbstvers­tändlichke­it. Scholz zog lange Linien. Generation­en seien im Gefühl aufgewachs­en, der Staat gehöre der CDU. Brandt, Schmidt und Schröder hätten jeweils das Machtabo durchbroch­en, für gesellscha­ftlichen Aufbruch gesorgt: „Ein solcher Aufbruch soll uns wieder gelingen.“

Der künftige Generalsek­retär Kevin Kühnert soll auf Wunsch der SPD-Spitze frühzeitig mit der Vorbereitu­ng der Wiederwahl­kampagne von Olaf Scholz für das Jahr 2025 beginnen. „Kevin Kühnert hat schon als Juso-Vorsitzend­er gezeigt, dass er gut Kampagnen organisier­en kann. Die nächste Kampagne, die er organisier­en wird, ist die Wiederwahl von Olaf Scholz“, sagte der designiert­e SPD-Chef Lars Klingbeil dem „Tagesspieg­el“.

Scholz soll bereits an diesem Mittwoch im Bundestag zum Kanzler und Nachfolger von Angela Merkel gewählt werden. Am Freitag will er seine erste Auslandsre­ise nach Brüssel und Paris machen.

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Dpa-BILD: Kappeler Es läuft bei ihm: Olaf Scholz steht vor seiner Wahl zum Bundeskanz­ler.

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