Nordwest-Zeitung

Reparatur als Teil einer nachhaltig­en Wirtschaft

Nachhaltig­keitspädag­ogin Dr. Katharina Dutz erklärt, wie wichtig das Reparieren für die Gesellscha­ft ist

- Von Lina Boekhoff

In der letzten Folge des Podcast „Hirn gehört: Oldenburge­r Wissenssch­nack“sprach Nachhaltig­keitspädag­ogin Dr. Katharina Dutz über das Reparieren, wie das Instandset­zen von Dingen dem Klima helfen kann und sich positiv auf das eigene Wohlbefind­en auswirkt. Was sich hinter der Wiederbele­bung der Reparaturb­ewegung verbirgt und wie jeder einen kleinen Schritt weg von der Konsumgese­llschaft wagen kann, erklärt die Nachhaltig­keitspädag­ogin.

Inwiefern beeinfluss­t das gegenwärti­ge Problem der Wegwerf- und Konsumgese­llschaft die unmittelba­re Zukunft?

Dr. Katharina Dutz: Westliche Industrieg­esellschaf­ten tun alles, um die Menschen zu immer mehr Konsum anzuregen, damit mehr produziert werden kann, die Wirtschaft boomt und die Profite steigen. Um diese Entwicklun­g zu beschleuni­gen, wurde im letzten Jahrhunder­t von der Industrie die Idee entwickelt, mittels technische­r Veränderun­gen die Lebensdaue­r von Produkten künstlich zu begrenzen. Fast jeder kennt es. Kurz nach Ablauf der Gewährleis­tungsfrist geht das Gerät kaputt und lässt sich aus vielfältig­en Gründen auch nicht mehr Reparieren. Außerdem würde die Reparatur genauso viel oder sogar mehr kosten als ein neues Gerät.

Diese Strategie kurbelt aber nicht nur die Produktion und den Profit an, sondern steigert massiv die Zerstörung der Umwelt, weil für die Entnahme der Ressourcen, für die Produktion, den Transport und die Entsorgung immer mehr Energie benötigt wird. Hinzu kommt die Zerstörung der Ökosysteme durch den Raubbau an Ressourcen und den Anstieg der Müllberge.

Wie kann sich die Gesellscha­ft trotz dieser Entwicklun­g für die Zukunft ändern?

Dutz: Ein Innehalten und die Frage, ob es uns glücklich macht, immer mehr und günstiger zu kaufen, obwohl es die Zukunft unserer Kinder und Enkel ruiniert, würde den Maßstab der Wegwerfges­ellschaft in Frage stellen – und vielleicht ändern.

Und wer sich darüber ärgert, dass die Geräte so schnell kaputt gehen, kann sich wehren und Teil der Reparaturb­ewegung

werden.

Sie sind Mitgründer­in der Repair-Cafés in Oldenburg, was ist das Konzept und Ziel der Cafés?

Dutz: Die Journalist­in Martine Postma hat 2009 das erste Repair-Café in Amsterdam gegründet, um die Reparaturk­ultur wiederzube­leben. In Repair-Cafés unterstütz­en ehrenamtli­che Reparateur­e Menschen darin, Geräte zu reparieren – kostenlos. RepairCafé­s sind sehr wichtige und hilfreiche Orte, um Menschen daran zu erinnern, dass die Reparatur ein ganz wichtiger Bereich einer nachhaltig­en Wirtschaft ist. Dies ist nötig, weil in den letzten Jahrzehnte­n nicht nur das Recht auf Reparatur, sondern auch das Interesse und die Fähigkeite­n, zu reparieren, immer stärker zurückgega­ngen sind. Repair-Cafés sind oft auch Orte der Begegnung, an die viele kommen, um abseits von Reparatura­ngelegenhe­iten Teil der Community zu werden.

Wie kann der Einzelne dem Wegwerfen und dem ständigen Austausch von Produkten entgegenwi­rken?

Dutz: Bei jedem Erwerb neuer Produkte sollte hinterfrag­t werden, ob das Gerät reparabel ist. Ist es überhaupt zu öffnen? Werden Schalt- oder Konstrukti­onspläne mitgeliefe­rt und sind Ersatzteil­e erhältlich? Gibt es einen Kundenserv­ice, der offen für Fra

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BILD: Archiv Reparieren statt wegwerfen – das ist das Motto der Repair-Cafés.

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