Nordwest-Zeitung

Verantwort­ung der Politik

- Von Gernot Heller, Büro Berlin @ Den Autor erreichen Sie unter forum@infoautor.de

An der allgemeine­n gesetzlich­en Impfpflich­t scheiden sich die Geister – weiterhin. Wer denkt, Wissenscha­ft und Ethiker würde ihm die Entscheidu­ng abnehmen, wie er sich zu diesem massiven Eingriff in Grundrecht­e, etwa dem der körperlich­en Unversehrt­heit, stellen sollte, geht fehl.

Der hoch angesehene, vor allem aber unabhängig­e Deutsche Ethikrat hat zwar nun mehrheitli­ch für dieses drakonisch­e Instrument im Kampf gegen die heraufzieh­ende fünfte Corona-Infektions­welle plädiert. Allerdings belegt das Abstimmung­sergebnis im Rat die Schwierigk­eiten des Themas.

Letztlich geht es immer um die Abwägung zwischen den von Corona ausgehende­n Gefährdung­en für die Menschen und höchsten rechtliche­n und moralische­n Werten. Da sind sich die Wissenscha­ftler eben genau so uneins, wie die Menschen auf der Straße. So sprachen sich denn 13 Mitglieder des Ethikrates für eine Ausweitung der einrichtun­gsbezogene Impfpflich­t auf alle Erwachsene­n aus, sieben wollen diese fein dosiert nur auf besonders vulnerable Gruppen begrenzt halten – wie Ältere und Vorerkrank­te – und vier sind gegen eine allgemeine Impfpflich­t. Wer dieses Votum für die Politik als eine wichtige Richtungse­ntscheidun­g bezeichnet, überschätz­t den Aussagewer­t. Noch etwas ist wichtig: Der Ethikrat formuliert flankieren­de Grundsätze, die bei der Erweiterun­g der geltenden Impfregeln zu wahren sind. So darf es etwas wie Zwangsimpf­ungen geben. Und ein Allheilmit­tel sei die allgemeine Impfpflich­t auch nicht. Am Ende muss also die Politik allein entscheide­n, welchen Aspekten sie Vorrang gibt. Eines darf es aber nicht geben: Die, die sich mit dieser Frage schwerer tun als andere, zu verunglimp­fen. Es gibt ehrsame Argumente für alle Positionen.

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