Enteignung abgewendet – Blick nach vorn
Bundesautobahnbehörde und Ammerländer Baumschulbetreiber Timo Schröder einigen sich
Dringenburg – „Mir fallen heute Steine vom Herzen“, resümiert Helga Schröder. Immerhin war es ihr Mann Fredo, der vor 50 Jahren den Baumschulbetrieb Schröder in Dringenburg (Gemeinde Wiefelstede/ Landkreis Ammerland) ins Leben gerufen hat. Heute führt Sohn Timo die Geschäfte. Und eigentlich hätte im vergangenen November das 50-jährige Bestehen mit allen Mitarbeitern gefeiert werden sollen.
Eigentlich. Hätte da nicht Schröders Klage gegen das Planfeststellungsverfahren der A 20 in der Luft gehangen, deren Ausgang ungewiss war. Im schlimmsten Fall hätte eine Enteignung zum Ende des Familienbetriebes geführt. Der Hintergrund: ein Teilstück der A 20 führt über Schröders Grundstück – vor allem über die Mutterpflanzen seiner Rhododendren. Sie bilden das Kapital des Unternehmens.
■
Überraschende Wende
Verträge unter Dach und Fach: Rolf Rockitt (rechts) von der Bundesautobahnbehörde und Baumschulbetreiber Timo Schröder mit Mutter Helga einigten sich.
schende Wende: Am Mittwoch trafen sich Vertreter der Autobahnbehörde und der Regionalen Landesentwicklung Weser-Ems mit Timo Schröder in der Oldenburger Außenstelle der Autobahn GmbH. Mit dabei: Helga Schröder. Am Ende der Gespräche waren sich alle Beteiligten einig, entsprechende Verträge wurden unterzeichnet.
Mit der Einigung verbunden ist, dass Schröder seine Klage gegen das A 20-Planfeststellungsverfahren zurück
Für den Baumschulbetreiber kein Problem, denn: „Die Existenzgefährdung ist abgewendet, die Flächenproblematik geklärt. Wir blicken nach vorn.“
Die Ausgleichsflächen von etwa vier Hektar wurden über das Flurbereinigungsverfahren A 20-Garnholt zur Verfügung gestellt. „In den nächsten drei Jahren werden wir die Umstrukturierungen auf den Weg bringen“, erklärt Schröder. Und damit den Umzug der Mutterpflanzen.
■ Viele Gutachten
Die Autobahnbehörde hatte erst zum 1. Januar 2021 die Aufgaben der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr (NLStBV) übernommen. Bereits das erste Gutachten, erstellt im Jahr 2012, kam zu dem Ergebnis, dass der Bau der A20 für die Baumschule Schröder eine Existenzgefährdung bedeutet. Das jüngste (achte) Gutachten, das Ende 2020 vorlag, kam ungefähr zum gleichen Ergebnis. Doch die bis dahin zuständige untergeordnete Oldenburger Behörde der NLStBV lehnte im Dezember 2020 den gesamten Prozess ab und zog den Auftrag zurück. Und dann übernahm die Bundesautobahnbehörde. Timo Schröder stand wieder am Anfang, aber ließ sich nicht beirren.
Immerhin signalisierte die Autobahnbehörde Gesprächsbereitschaft. Ein erneutes Teilgutachten – dieses Mal beauftragt von der Autobahnbehörde – sollte restliche Kritikpunkte beseitigen, um einen Weg für eine Einigung freizumachen. „Dieses Fachgutachzieht. ten kommt zu dem Ergebnis, dass das Gutachten aus 2020 richtig war“, sagt Rolf Rockitt als Geschäftsbereichsleiter für Planung und Recht.
■
Weitere Private Klagen
Für Timo Schröder endet damit die „unendliche“Geschichte. Zugleich ist er ein Vorreiter. Denn es stehen noch weitere private Klagen gegen das Planfeststellungsverfahren aus, über die das Bundesverwaltungsgericht voraussichtlich Ende Februar 2022 entscheiden wird. „Wir sind mit einigen Klägern im Gespräch. Es gibt Lösungsansätze, aber dafür braucht es noch Zeit“, erklärt Rockitt. Der Ansatz der Autobahnbehörde sei eine wirtschaftliche Betrachtung. „Was ist besser: ein langer Rechtsstreit verbunden mit vielen Kosten oder eine Vereinbarung, die für alle Beteiligten gut ist“, erklärt Rockitt. Dieser Ansatz sei unter der Ägide einer Behörde nicht in dem Umfang möglich gewesen, wie bei der privatwirtschaftlichen Autobahn GmbH.