Turnschau lockte Hunderte in Jahnhalle
Ehrenvorsitzender Geert Claußen erinnert sich an alte Zeiten – Halle abgerissen
Oldenburg – Die Jahnhalle ist verschwunden, abgerissen für einen Wohnungsneubau. Was für immer bleiben wird, sind die Erinnerungen an gemeinsame schöne Stunden, die die Menschen dort beim Sport, Feiern oder in Versammlungen verbracht haben. Wie auch immer man den Abriss betrachten mag, der Stadtteil hat einen Treffpunkt verloren – der alte Lindenhofsgarten, einst Ausflugslokal und Kino, wird bald folgen und ebenfalls abgerissen.
Vor 63 Jahren
Vor genau 63 Jahren trat am 13. Januar 1959 Geert Claußen in den VfL Oldenburg ein, dessen Vorsitzender er später werden sollte (1979 – 1998). Den Abriss sieht er mit gemischten Gefühl, gleichwohl wissend, dass er alternativlos war. Die im Herbst 1915 mitten im Ersten Weltkrieg eröffnete Jahnhalle am Lindenhofsgarten stand zwar in Teilen unter Denkmalschutz, war aber in die Jahre gekommen, abgängig und nicht mehr sanierungsfähig, so Claußen.
Schöne Zeiten
Insgesamt nicht mehr zeitgemäß, auch wenn die Halle gute Zeiten erlebt hatte. Ob Tanz in den Mai, Silvesterparty oder das „Vergnügte Kuhviertel“, die Menschen kamen in Massen, um gemeinsam ein paar schöne Stunden miteinander zu verbringen. So manche Partnerschaft fürs Leben bahnte sich dort an, manche gingen auch in die Brüche. Manchmal wurden Kämpfe um ein Mädchen von den jungen Männern handfest auf der
Da stand sie noch: Die Jahnhalle wurde vor wenigen Tagen abgerissen.
Straße ausgetragen. „Es gab Eltern, die verboten ihren Töchtern zum Feiern in die Jahnhalle zu gehen“, erzählt Claußen.
Loheboden
Der Hallenboden bestand früher aus einem Gemisch von Sand und Sägespänen. Claußen: „Auf dem sogenannten Loheboden konnte man nicht feiern und tanzen. Also musste er mit einem Holzfußboden ausgelegt werden.“Die einzelnen Elemente waren etwas zwei Quadratmeter groß und durchnummeriert – sie wurden vor den Veranstaltungen wie ein Puzzle zusammengesteckt.
„Baumeister“war VfL-Urgestein Enno Cording, der sich auch hartnäckig weigerte, den Boden an andere Veranstalter zu verleihen – er hätte den in der Jahnhalle eingelagerten Belag nie wieder zusammenbekommen.
Partyzone: In der Jahnhalle feierte dieses Quartett den Jahreswechsel 2002/2003.
Höhepunkte
Höhepunkte des gesellschaftlichen Lebens im Verein waren auch Turnschauen, in denen die Sportlerinnen und Sportler ihre Fertigkeiten vor Publikum präsentierten. „Die Empore war voll besetzt, die Stuhlreihen darunter komplett gefüllt. Später wurde sie von Statikern gesperrt, sie
Hier stand einst der Schwebebalken: Ein Bagger fraß sich zum Abriss durch die Jahnhalle.
durfte bei den Veranstaltungen nicht einmal mehr als Garderobe genutzt werden“, blickt der VfL-Ehrenvorsitzende zurück. Die Feiern und Sportfeste waren eine wichtige Einnahmequelle. Das Publikum beziehungsweise die Gäste zahlten Eintritt, der Erlös floss in die Vereinskasse. Der VfL wuchs und gedieh, hat heute – und das seit vielen Jahren
VfL-Ehrenvorsitzender Geert Claußen (83)
– eine erfolgreiche Fußballund noch erfolgreichere Handballabteilung. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung war der Bau einer zweiten modernen Halle an der Rebenstraße im Jahr 1970. Neben ihr soll nun (auch mit dem Erlös aus dem Verkauf der Jahnhalle) eine neue moderne Sportstätte entstehen – das Rad der Zeit steht niemals still.