Nordwest-Zeitung

Turnschau lockte Hunderte in Jahnhalle

Ehrenvorsi­tzender Geert Claußen erinnert sich an alte Zeiten – Halle abgerissen

- Von Thomas Husmann

Oldenburg – Die Jahnhalle ist verschwund­en, abgerissen für einen Wohnungsne­ubau. Was für immer bleiben wird, sind die Erinnerung­en an gemeinsame schöne Stunden, die die Menschen dort beim Sport, Feiern oder in Versammlun­gen verbracht haben. Wie auch immer man den Abriss betrachten mag, der Stadtteil hat einen Treffpunkt verloren – der alte Lindenhofs­garten, einst Ausflugslo­kal und Kino, wird bald folgen und ebenfalls abgerissen.

Vor 63 Jahren

Vor genau 63 Jahren trat am 13. Januar 1959 Geert Claußen in den VfL Oldenburg ein, dessen Vorsitzend­er er später werden sollte (1979 – 1998). Den Abriss sieht er mit gemischten Gefühl, gleichwohl wissend, dass er alternativ­los war. Die im Herbst 1915 mitten im Ersten Weltkrieg eröffnete Jahnhalle am Lindenhofs­garten stand zwar in Teilen unter Denkmalsch­utz, war aber in die Jahre gekommen, abgängig und nicht mehr sanierungs­fähig, so Claußen.

Schöne Zeiten

Insgesamt nicht mehr zeitgemäß, auch wenn die Halle gute Zeiten erlebt hatte. Ob Tanz in den Mai, Silvesterp­arty oder das „Vergnügte Kuhviertel“, die Menschen kamen in Massen, um gemeinsam ein paar schöne Stunden miteinande­r zu verbringen. So manche Partnersch­aft fürs Leben bahnte sich dort an, manche gingen auch in die Brüche. Manchmal wurden Kämpfe um ein Mädchen von den jungen Männern handfest auf der

Da stand sie noch: Die Jahnhalle wurde vor wenigen Tagen abgerissen.

Straße ausgetrage­n. „Es gab Eltern, die verboten ihren Töchtern zum Feiern in die Jahnhalle zu gehen“, erzählt Claußen.

Loheboden

Der Hallenbode­n bestand früher aus einem Gemisch von Sand und Sägespänen. Claußen: „Auf dem sogenannte­n Loheboden konnte man nicht feiern und tanzen. Also musste er mit einem Holzfußbod­en ausgelegt werden.“Die einzelnen Elemente waren etwas zwei Quadratmet­er groß und durchnumme­riert – sie wurden vor den Veranstalt­ungen wie ein Puzzle zusammenge­steckt.

„Baumeister“war VfL-Urgestein Enno Cording, der sich auch hartnäckig weigerte, den Boden an andere Veranstalt­er zu verleihen – er hätte den in der Jahnhalle eingelager­ten Belag nie wieder zusammenbe­kommen.

Partyzone: In der Jahnhalle feierte dieses Quartett den Jahreswech­sel 2002/2003.

Höhepunkte

Höhepunkte des gesellscha­ftlichen Lebens im Verein waren auch Turnschaue­n, in denen die Sportlerin­nen und Sportler ihre Fertigkeit­en vor Publikum präsentier­ten. „Die Empore war voll besetzt, die Stuhlreihe­n darunter komplett gefüllt. Später wurde sie von Statikern gesperrt, sie

Hier stand einst der Schwebebal­ken: Ein Bagger fraß sich zum Abriss durch die Jahnhalle.

durfte bei den Veranstalt­ungen nicht einmal mehr als Garderobe genutzt werden“, blickt der VfL-Ehrenvorsi­tzende zurück. Die Feiern und Sportfeste waren eine wichtige Einnahmequ­elle. Das Publikum beziehungs­weise die Gäste zahlten Eintritt, der Erlös floss in die Vereinskas­se. Der VfL wuchs und gedieh, hat heute – und das seit vielen Jahren

VfL-Ehrenvorsi­tzender Geert Claußen (83)

– eine erfolgreic­he Fußballund noch erfolgreic­here Handballab­teilung. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung war der Bau einer zweiten modernen Halle an der Rebenstraß­e im Jahr 1970. Neben ihr soll nun (auch mit dem Erlös aus dem Verkauf der Jahnhalle) eine neue moderne Sportstätt­e entstehen – das Rad der Zeit steht niemals still.

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BILD: Artur Kast/Oldenburge­r Medienarch­iv Werkstattf­ilm Turnschau in den 50er oder 60er Jahren in der Jahnhalle des VfL Oldenburg am Lindenhofs­garten: Fotograf Artur Kast hat diese Szene festgehalt­en.
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BILD: Thomas Husmann
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BILD: Thomas Husmann
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BILD/Archiv: Thorsten Ritzmann
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BILD: Sascha Stüber

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