Lesbisches Paar in Kita nicht willkommen
Tagespflegeeinrichtung sagt: „Nur Mann und Frau sollten eine Ehegemeinschaft bilden“
Augustfehn – Für Fenja Gerdes (28) ist ein Traum ganz nah. Sie ist schwanger. Im Juli soll ihr Kind zur Welt kommen. Zusammen mit ihrer Frau Janina (34) ist sie voller Vorfreude, plant und werkelt am Kinderzimmer. Auch eine weiße Wiege haben die beiden bereits. Und weil das Kind dann im Alter von einem Jahr nach den Sommerferien 2023 stundenweise in eine Krippe oder Tagespflege kommen soll, machen sich die beiden Frauen bereits jetzt Gedanken, wie sie an einen Platz kommen.
Tief verletzt
Lieber etwas zu früh als zu spät, dachten sich die beiden – wie wohl viele andere Eltern auch. Fenja Gerdes erkundigte sich per Mail bei der Tagespflegeeinrichtung Hullmanskamp im Ortsteil Apermarsch. Auf einem alten Bauernhof wird eine private Kita mit zehn Plätzen betrieben, die Internetseite vermittelt den Eindruck von heiler Welt und Bullerbü-Atmosphäre. Spezialisiert sei man auf Kinder im Alter von null bis drei Jahren. Doch als die beiden Frauen die Antwort auf ihre Mail-Anfrage lasen, waren sie geschockt und tief verletzt. „Was uns wichtig ist, damit es hier nicht im Vorfeld schon zu Unstimmigkeiten kommt, wir sind ein gläubiges Ehepaar und haben die Überzeugung, dass es Gottes
Plan ist, dass Mann und Frau eine Ehegemeinschaft bilden sollten“, antwortete das Betreiber-Paar der Einrichtung.
Fenja und Janina haben vor fünf Jahren in der Hengstforder Mühle geheiratet. Sie haben ein altes Haus liebevoll renoviert für ihre kleine Familie.
Sind sie etwa kein richtiges Ehepaar, Menschen zweiter oder dritter Klasse? „Das ist eine Form der Diskriminierung, das geht gar nicht“, meinen die beiden. Zwar schrieb die Einrichtung auch, dass die gleichgeschlechtliche Beziehung vom Ehepaar Gerdes
eine Zusammenarbeit nicht ausschließe, doch Janina und Fenja fühlen sich vor den Kopf geschlagen.
Beleidigungen
Diskriminierung – mal offen, mal verdeckt – haben die beiden schon oft erlebt. Wenn sie Hand in Hand spazieren gehen, wird getuschelt, manchmal werden ihnen auch Beleidigungen nachgerufen. Und das nicht nur auf dem Land.
„Das ist uns auch schon in Oldenburg passiert“, sagen die beiden. Aus Discos und Kneipen habe man sie schon verwiesen. Und der Weg zur Schwangerschaft war steinig und teurer. Über mehrere Jahre hat es Fenja mit künstlicher Befruchtung versucht, jede Menge Hormone geschluckt. Bei ihrem letzten Versuch hat es dann wirklich geklappt.
Das sagt Einrichtung
Und was sagt die Tagespflegeeinrichtung zu dem Fall? Man wolle niemanden diskriminieren, so sei die Mail nicht gemeint gewesen. Außerdem schließe man ja eine Zusammenarbeit mit dem Ehepaar Gerdes nicht aus. „Bei uns sind Kinder jeglicher Glaubensrichtungen herzlich willkommen. Familiäre Hintergründe spielen bei der Aufnahme keine Rolle“, antwortete die Einrichtung auf Nachfrage. Zudem wurde auf die Homepage verwiesen. Dort heißt es unter anderem: „Unser Ziel ist es, Kindern einen sozialen Lernraum zu ermöglichen und Eltern in ihrer so wichtigen Erziehungsarbeit zu unterstützen. Dabei orientieren wir uns an dem christlichen Menschbild und sehen jedes Kind als einzigartig und wertvoll an.“