Zu Recht hohe Ansprüche
Diese Quote klingt surreal. 98,3 Prozent haben weniger als die Hälfte an richtigen Antworten bei einer Germanistik-Klausur gegeben. Da liegt es aus Studentensicht nahe, mit dem Finger auf denjenigen zu zeigen, der für die Aufgaben verantwortlich ist. In diesem Fall der Professor.
Ist es so einfach? Vieles spricht hier dagegen. Da wäre der Online-Kurs: Selbst Studenten bewerten die bereitgestellten Videos als hochwertig und verständlich. Es gab eine Vielzahl von betreuenden Angeboten – Sprechstunden, Tutorium, Probeklausur. Und: Die Studenten hatten in der Klausur, die sie aufgrund der Pandemie zu Hause schrieben, die riesige Chance, in ihre Unterlagen zu gucken und im Internet zu recherchieren. Von einer solchen Hilfestellung hätten frühere Semester nicht einmal geträumt. Es mutet seltsam an, wenn Studenten dennoch über zu hohe Ansprüche jammern. Übrigens spricht der Dozent trotz seines Verständnisses von „einer außerordentlich geringen aktiven Beteiligung“der Teilnehmer während seines Kurses.
Und trotzdem: Schon einen Tag nach der Prüfung reagierte der Dozent – vorbildlich. Er suchte die Diskussion, erklärte seine Sichtweise. Die Ergebnisse wurden sogar annulliert. Viel mehr kann und sollte eine Universität nicht machen.
Sicher, Online-Kurse sind gerade für Erstsemester belastend. Aber: Einen Bachelor-Abschluss gibt es nicht ohne Mühe. Dieser akademische Grad muss verdient werden. Viele Experten sprechen seit Jahren davon, dass die Leistungen an Hochschulen allgemein abnehmen. So manche Professoren passen ihre Lehre dem gesunkenen Niveau nicht an – was richtig ist. So lassen sich auch Ergebnisse wie in Vechta erklären. Der Universitätsstandard sollte sich nicht nach den Studenten richten.
Die Uni bietet dennoch eine zweite Chance an. Nun müssen die Studenten liefern. @ Den Autor erreichen Sie unter tapke-jost@infoautor.de