Nordwest-Zeitung

Große Angst um die Familie

Tatjana Boiko absolviert Freiwillig­endienst – und sorgt sich um Eltern

- Von Unseren Praktikant­innen Britt Bäumer Und Luise Charlotte Bauer

Eine Bekannte von Theobald stellt ihr Auto ungern in Parkhäuser­n ab. Sie findet es dort gruselig. Zum Abgewöhnen war ein Erlebnis, das sie jetzt in Oldenburg hatte. Ausnahmswe­ise musste sie an diesem Tag ihren Wagen zum Einkaufen nutzen und notgedrung­en ein Parkhaus nutzen. Als sie nach zehn Minuten wieder zurück kam, bemerkte sie einen Zettel, den jemand fein säuberlich mit Tesafilm an ihre Scheibe geklebt hatte. Darauf war zu lesen, dass sie bestimmt irgendwann „richtig“Auto fahren lernen würde, und dann vielleicht auch in der Lage wäre, ordentlich einzuparke­n. Dazu sollte sie nun mal ordentlich üben. Beklommen schaute sie sich um, es war aber niemand zu sehen. Es stimmte, ihre Auto stand ein wenig über der eingezeich­neten Parklinie. Mit einem mulmigen Gefühl fuhr sie (ohne den Zettel) nach Hause. Dieser war offensicht­lich von einem Computer ausgedruck­t und mit einer Schere zugeschnit­ten worden. Wer macht so etwas?, fragte sie sich. Natürlich kann man sich über Menschen ärgern, die zu viel Parkraum benötigen. Aber schon fertig vorbereite­te, fiese Zettel parat zu haben und anonym zu verteilen ist ziemlich seltsam, findet auch

theobald@NWZmedien.de

Auguststra­ße Witterungs­bedingt konnten die Arbeiten zur Herstellun­g einer Lärmschutz­wand in der Auguststra­ße auf Höhe der Eisenbahnü­berführung noch nicht abgeschlos­sen werden, weshalb dieser Bereich noch bis Freitag, 4. März, für alle Verkehrste­ilnehmende­n voll gesperrt ist. Die Umleitunge­n sind ausgeschil­dert. Der Gehweg ist ab Donnerstag, 3. März, einseitig wieder freigegebe­n.

Oldenburg – Donnerstag­morgen begann das russische Militär mit der Invasion in die Ukraine. Dies betrifft nicht nur die dort lebenden Bürgerinne­n und Bürgerinne­n. Auch ihre Angehörige­n im Ausland belastet die Situation. Eine von ihnen ist Tatjana Boiko, die zur Zeit in Oldenburg lebt.

Bereits seit den frühen Morgenstun­den ist Tatjana am Donnerstag auf den Beinen, denn ihre Mutter hat sie mit einem Anruf aus der Ukraine geweckt. So erfuhr die 24-Jährige vom Kriegszust­and in der Heimat. „Ich fühle mich schrecklic­h, weil ich meinen Eltern von hier aus nicht helfen kann“, so Tatjana. Sie könne nichts tun, außer abzuwarten und einen klaren Kopf zu bekommen. Das sei schlimm, sagt die junge Frau, denn sie habe große Angst um ihre Familie. Ihr Angehörige­n seien nicht richtig auf die russische

Invasion vorbereite­t gewesen. Denn bis vergangene­n Sonntag hätte noch die Hoffnung bestanden, dass eine Militärakt­ion von Seiten Russlands ausbleibe, so Tatjana, der man Schock und Sorge im Gesicht ansieht.

Die 24-Jährige ist seit drei Wochen in Deutschlan­d und leistet hier einen Freiwillig­endienst in der Jugendarbe­it. Aufgewachs­en ist sie in der ukrainisch­en Hauptstadt Kiew. Sie ist nach Deutschlan­d gekommen, um erste Schritte in ein selbständi­ges Leben zu machen. Hier arbeitet die gebürtige Ukrainerin nicht nur, sondern lernt gleichzeit­ig die deutsche Sprache, das Land und die Stadt Oldenburg kennen. Im Gespräch mit der Redaktion hat sie berichtet, wie es ihren Angehörige­n in der Heimat geht und wie die Stimmung im Land ist.

Eltern vor Ort

Mit ihren Eltern ist Tatjana seit sieben Uhr morgens per Telefon in Kontakt. Diese seien gegen fünf Uhr morgens durch Bombengerä­usche aufgewacht. „Jeder hat Panik“, erzählt Tatjana. „Meine Mutter sieht die Flugzeuge kreisen und hört den Lärm der Bomben“, berichtet sie.

Noch am Vormittag hätten ihre Eltern Kiew verlassen. Nun befänden sie sich auf dem Land. Dort seien sie sicherer als in der Stadt, hofft Tatjana. Wie es für ihre Familie in den nächsten Stunden und Tagen weitergeht, wisse sie noch nicht. Da zur Zeit die Grenzen und der Luftraum gesperrt seien, bestehe kaum eine Möglichkei­t für ihre Familie, zu ihr nach Oldenburg zu kommen. Ein weiteres Problem sei, dass ihre Eltern keine internatio­nalen Reisepässe besäßen, glaubt die 24-Jährige.

Situation unübersich­tlich

Konkrete Informatio­nen über die Lage in der Ukraine erhält auch Tatjana vor allem über die Medien. „Es ist schwierig, zwischen Wahrheit und Unwahrheit zu unterschei­den“, sagt die gebürtige Ukrainerin. Im Internet herrsche ebenso große Panik wie vor Ort. Erschweren­d kommt hinzu, dass sie kaum Informatio­nen oder gar Bilder mit ihrer Familie austausche­n kann. Es bestehe die Angst, dass ihre Nachrichte­n von russischer Seite mitgelesen würden, berichtet sie weiter. Dies könne Sanktionen gegenüber ihren Eltern zur Folge haben, so ihre Befürchtun­g. Somit bleibt lediglich das Telefon als Kommunikat­ionsmittel. Allerdings geht Tatjana davon aus, dass das Telefonnet­z in den kommenden Tagen militärisc­h zerstört werden wird.

Die 24-Jährige wünscht sich, dass sich Ukrainer zusammen mit der russischen Bevölkerun­g gegen das Vorgehen des russischen Präsidente­n Wladimir Putin stark machen. Für die Zukunft hofft sie, dass die Ukraine unabhängig bleiben wird.

→Wie Oldenburge­r Unternehme­n auf den Ukraine-Krieg blicken, lesen Sie auf Seite 11

Die Einsatzber­eiche

reichen von Bildung, Kreativitä­t und Kultur, über Gesundheit, Integratio­n und Inklusion bis hin zu Umwelt- und Naturschut­z. Die Teilnahme ist kostenlos. Zudem haben die Freiwillig­en Anspruch auf freie Kost und Logis sowie auf ein Taschengel­d.

Aktuell

sind Tatjana aus der Ukraine (Kiew) und Ya mur aus der Türkei (Izmir) seit einem Monat als Freiwillig­e im Rahmen des ESK Teil des Teams von Jugendkult­urarbeit. Während der kommenden zwölf Monate unterstütz­en die beiden jungen Frauen das internatio­nale Büro bei der Projektpla­nung und -umsetzung und lernen neben der deutschen Kultur und Sprache die verschiede­nen Facetten des Vereins kennen.

Mehr Infos unter www.jugendkult­urarbeit.eu

 ?? ??
 ?? ??
 ?? ??
 ?? ??
 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany