Safaritour klingt wie Wunschkonzert
Land im südlichen Afrika bietet mehr als Löwen in Parks – Nachhaltige Landnutzung
Mbabane – Wilden Löwen ganz nahe kommen: Im kleinen Königreich Eswatini ist dieses Erlebnis sicher möglich. Doch der Reisende lernt auch: Sein Safari-Traum ist eingebettet in einen größeren Konflikt.
Die Safaritour durch den Royal National Park klingt wie ein Wunschkonzert. Welche Tiere sie denn gern sehen würden, fragt Guide Lucky Vilakati seine Gäste, die es sich auf den erhöhten Bänken des offenen Geländewagens bequem gemacht haben.
„Löwen“, sagt eine Frau spontan. Der 32-Jährige grübelt kurz. Es ist Nachmittag, ein paar Nieselwolken haben sich vor die Sonne geschoben – die Raubkatzen werden für gewöhnlich erst in der Dämmerung aktiv. Doch der junge Mann, der bei gut 25 Grad die Wollmütze mit dem Parkemblem trägt, scheint einen Plan zu haben.
Geier warten auf Löwen
Mit einem Schütteln startet der schwere Wagen, dann geht es los, auf ausgewaschenen Sandpisten durch den 30000 Hektar großen Nationalpark im Königreich Eswatini, in diesem kleinen, unabhängigen Staat im Bergland zwischen Mosambik und Südafrika.
Die erste hoffnungsvolle Sichtung folgt bald. Zwei Geier haben es sich auf einem abgestorbenen Baum bequem gemacht. Im Gegenlicht sehen sie sich zum Verwechseln ähnlich, doch Vilakati erklärt, dass hier Tiere zweier verschiedener Arten nebeneinander sitzen – und zwar nicht ohne Grund. Der kleinere Kappengeier im Hintergrund braucht den Weißrückengeier auf dem vorderen Ast, weil nur letzterer in der Lage ist, Fleisch von den Knochen eines Kadavers zu kratzen.
Raubkatzen ganz nah
Vorerst allerdings sind beide im Wartestand, die Löwen haben noch nicht geliefert. Entdeckt sind die Raubkatzen kurz darauf dennoch. Ein Weibchen hebt im hohen Gras den Kopf, kurz darauf tauchen zwei Männchen direkt vor dem Wagen auf dem Weg auf. Zwillingsbrüder seien die beiden, erklärt Vilakati, etwa fünf Jahre alt und damit noch zu jung, um als dominantes Tier ein Rudel zu führen.
Dann gibt der bescheidene Guide preis, wie er die Könige der Tierwelt so schnell und zielgerichtet finden konnte: Die Löwen leben in einem 1000-Hektar-Bereich, der durch Zäune vom Rest des Schutzgebiets abgetrennt ist. Grund dafür ist eine Hauptstraße, die durch den Park führt. „Wenn da jemand eine Panne hat und aus dem Auto muss, um den Reifen zu wechseln . . .“, sagt Vilakati – und führt seinen Gedanken lieber nicht zu Ende. Die beiden Lö
wen laufen nun ruhig an dem zu allen Seiten offenen SafariWagen vorbei, heben die Nasen und nehmen die Witterung der weitgehend verstummten Gäste auf.
Überweidung droht
Nur der Guide spricht noch mit leiser Stimme und erklärt, dass die Raubtiere den Zaun ihres Bereichs gezielt nutzen, um Beutetiere in die Enge zu treiben. Zebras gibt es in dem Areal deshalb nicht, sie würden in Panik die elektrisch gesicherten Barrieren durchbrechen. Menschen seien aber sicher, solange sie nicht aussteigen.
Die Tour bietet nicht nur ein hautnahes Erlebnis in der Wildnis, sondern auch einen Einblick, was bei der Organisation eines solchen Nationalparks alles bedacht werden muss. Dabei beschränken sich die schützenswerten Areale in
Eswatini längst nicht nur auf die Nationalparks. Außerhalb der Schutzgebiete ist die Naturlandschaft aber zunehmend bedroht.
Hauptgrund dafür ist die Überweidung. Rinderherden sind in Eswatini die traditionelle Geldanlage, sie symbolisieren nicht nur Reichtum, sondern bedeuten auch ganz praktisch Wohlstand. In Kombination mit einem starken Bevölkerungswachstum – durchschnittlich hat eine Familie drei bis vier Kinder – bedeutet dies, das immer mehr Buschland zu Weidegründen wird. Weil im dichter besiedelten Tiefland Eswatinis infolge des Klimawandels immer weniger Regen fällt, geraten auch die fragilen Ökosysteme des Hochlands unter Druck.
Dorfbewohner einbinden
Naturschutz funktioniert unter diesen Voraussetzungen nur durch die Einbindung der Bevölkerung in den umliegenden Dörfern. „Die Gemeinden waren es, die die Umwelt über die Jahrhunderte erhalten haben, es gibt also keinen Grund, sie nun nicht einzubinden“, sagt Seth Maphalala, Programmmanager der Lubombo Transfrontier Conservation Area (TFCA). Für das grenzüberschreitende Schutzgebiet sind die artenreichen Bergregionen in Eswatini von besonderer Bedeutung.
Um die Ökosysteme zu erhalten, setzt die Verwaltung auf nachhaltige Nutzung – und auf Tourismus. Ein Beispiel, wie das funktionieren kann, liefert die Gemeinde Shawula, die mit internationaler Förderung ein kleines Gästehaus mit acht Hütten aufgebaut hat. Bei geführten Rundgängen kommen die Gäste mit der Dorfbevölkerung ins Gespräch und probieren das vor Ort gebraute Maisbier. Eine Frauentanzgruppe führt traditionelle Stücke auf, die in der Kultur der Swasi seit jeher eine wichtige Rolle spielten: Durch Gesang und Tanz konnten die Einheimischen einst Kritik an die Herrschenden herantragen.
Erfolgreiche Lodge
Der lokale Chief, die höchste Autorität im Dorf, musste nicht überzeugt werden. Er hatte das Projekt von Beginn an unterstützt – auch gegen Widerstände. „Die Leute waren anfangs wütend auf den Chief, die haben gesagt, der will unser Land verkaufen“, berichtet Nomsa Mabila, die für die TFCA arbeitet und selbst aus Shawula stammt. Fünf Jahre habe es gedauert, ehe die Lodge erfolgreich war – und die Kritiker sind weitgehend verstummt.
Einen Teil ihres traditionellen Landes hat die Gemeinde zum Naturreservat ausgewiesen, in dem einst heimische Tiere in naher Zukunft wieder angesiedelt werden sollen. Und eine mehrtägige Wandertour soll irgendwann bis nach Mosambik führen.