Nordwest-Zeitung

Praktisch oder problemati­sch?

- Personalis­ierte Werbung im Netz – Kann man das verhindern oder einschränk­en?

- Von Elisabeth Winkler

Berlin/Hannover – „Personalis­ierte Werbung, das sind Werbeanzei­gen, die einen Bezug dazu haben, wer wir sind, was wir uns angesehen und genutzt haben“, erklärt Rebekka Weiß vom IT-Branchenve­rband Bitkom. Sie beschreibt einen Mechanismu­s, den fast jeder Internet-Nutzer schon einmal erlebt hat: Man sieht sich ein bestimmtes Produkt an und bekommt es dann auf einmal auch auf anderen Webseiten vorgeschla­gen. Aber wie funktionie­rt das?

Auf Webseiten werden bestimmte Trackingme­chanismen eingesetzt, über die gespeicher­t wird, was man sich ansieht. Meist passiert das über Cookies, kleine Dateien, die der Browser speichert. „Webserver können den Browser ein Cookie setzen lassen, wenn der Besucher eine ihrer Seiten abruft“, erklärt Jo Bager vom Fachmagazi­n „c’t“.

„Weil Cookies oft eindeutige Kennungen enthalten, können Websites ihre Besucher wiedererke­nnen“, fasst Bager zusammen. Es wird zwischen First- und Third-Party-Cookies unterschie­den. Erstere werden von der besuchten Webseite selbst gesetzt. Wenn eine Seite Inhalte von anderen Seiten einbettet, können auch diese auf der Webseite Cookies setzen: Third-Party-Cookies. „Werbediens­tleister blenden überall im Web Inhalte ein, deswegen können sie Nutzer überall verfolgen“, erklärt Bager.

Beim Surfen versteiger­t

Ruft man eine Seite auf, die einen Platz für personalis­ierte Werbung bereithält, startet eine Art Auktion. Der Werbepartn­er annonciere dann automatisi­ert Informatio­nen über den Besucher oder die Besucherin, zum Beispiel das (vermutete) Geschlecht oder (vermeintli­che) Interessen, sagt Bager. Darauf können Werbefirme­n dann bieten – wer am meisten bietet, darf dem Besucher seine Werbung zeigen. „Das läuft innerhalb von Millisekun­den ab, der Besucher bekommt davon nichts mit.“

Wie transparen­t sind wir also? Und welche Informatio­nen werden über uns gesammelt? „Technologi­sch kann das so gut wie alles sein“, sagt Rebekka Weiß. Die im Werbeumfel­d relevantes­te Informatio­n sei, dass sich der Nutzer für ein bestimmtes Produkt interessie­rt. Wenn dieser Nutzer dann eine Reihe von Artikeln aufruft, lasse sich daraus zum Beispiel ableiten, ob jemand beispielsw­eise ein besonderes Interesse an Sport oder Outdoorakt­ivitäten hat.

„Man kann dann auf Hobbys schließen, auf politische Interessen, oder auch auf Gesundheit­sinformati­onen“, erklärt Weiß. Letztlich müssten Seitenbetr­eiber und Werbetreib­ende sich natürlich an die Voraussetz­ungen des Datenschut­zrechtes halten und in vielen Fällen die Zustimmung des Nutzers einholen. Dafür gibt es Cookie-Banner.

Einverstän­dnis oft ohne Verständni­s

„Der Anbieter muss aufschlüss­eln, zu welchen Zwecken er Daten erhebt und mit wem diese geteilt werden“, sagt Weiß. „Aber die meisten Nutzer klicken auf „Ok“, ohne sich die vollständi­gen Informatio­nen durchzules­en“. Viele machten sich keine großen Gedanken, in was sie da einwillige­n. Dabei sei genau das wichtig, um eine informiert­e Entscheidu­ng zu treffen.

Hans-Dieter Neumann von der Deutschen Vereinigun­g für Datenschut­z e.V. (DVD) zählt auf, was Webseiten und Werbetreib­ende über uns wissen: „Die können feststelle­n, welches Gerät ich benutze, mit welchem Browser und welchem Betriebssy­stem ich auf die Website gehe.“Neumann erklärt, dass 99 Prozent der Besucher einer Website durch diese verschiede­nen Charakteri­stiken eines Geräts eindeutig identifizi­ert werden können.

Normale Suchmaschi­nen schneiden mit

Auch Datenschüt­zer Neumann ist kein Fan herkömmlic­her Suchmaschi­nen: „Eine normale Suchmaschi­ne verwertet Informatio­nen dazu, was man vorher gesucht hat und selektiert die Suchergebn­isse“. Nutze man aber zum Beispiel Startpage, könne man Google-Inhalte öffnen, ohne dass Informatio­nen über das eigene Gerät oder Suchverhal­ten weitergege­ben werden.

Rebekka Weiß hat auch einige Tipps: Wer das Anlegen einer Browser-Historie nicht gleich ganz deaktivier­t, kann etwa Cookies und Suchverläu­fe regelmäßig löschen. Und beispielsw­eise bei GoogleKont­en sei es möglich Informatio­nen, die für Werbezweck­e genutzt werden, zu entfernen, sagt Weiß.

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BILD: Christin Klose/DPA Viele Internetnu­tzer klicken einfach „OK“ohne vorher die Richtlinie­n der Datenerheb­ung gelesen zu haben.

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