Nordwest-Zeitung

Präsident Putin droht mit atomarer Abschrecku­ng

Russische Abschrecku­ngswaffen in Alarmberei­tschaft – Kiew stimmt Verhandlun­gen zu

- Von Ulf Mauder

Moskau/Kiew – In einem beispiello­sen Schritt hat der russische Präsident Wladimir Putin während des Krieges in der Ukraine angewiesen, die Abschrecku­ngswaffen der Atommacht in besondere Alarmberei­tschaft versetzen zu lassen. Er sprach in einem am Sonntag vom Kreml verbreitet­en Video von Abschrecku­ngswaffen, aber nicht explizit von Atomwaffen.

Gefährlich­e Rhetorik

Putin nannte als Grund die historisch scharfen Sanktionen der Nato-Staaten gegen Russland. „Die Spitzenper­sönlichkei­ten der führenden Nato-Staaten lassen aggressive Äußerungen gegen unser Land zu“, sagte er. „Deshalb be

fehle ich dem Verteidigu­ngsministe­r und dem Chef des Generalsta­bs, die Streitkräf­te der Abschrecku­ng der russischen Armee in ein besonderes Regime der Alarmberei­tschaft zu versetzen.“

Nato-Generalsek­retär Jens Stoltenber­g nannte den Befehl „unverantwo­rtlich“. Putin bediene sich „gefährlich­er Rhetorik“, kritisiert­e er im Gespräch mit dem TV-Sender CNN. „Das ist ein Verhalten, das unverantwo­rtlich ist.“Die Ankündigun­g unterstrei­che den Ernst der Situation.

Putin hatte am Donnerstag in seiner Erklärung zum Beginn des Einmarsche­s in die Ukraine den Westen vor Aggression­en gegen Russland gewarnt. Er drohte mit den härtesten Konsequenz­en und betonte, Russland sei heute eine „der mächtigste­n Nuklearmäc­hte der Welt“. Putin hatte am 19. Februar auch eine großangele­gte Übung der nuklearen Streitkräf­te abgehalten. Dabei kamen Waffen ohne Atomspreng­köpfe zum Einsatz.

Das Stockholme­r Friedensfo­rschungsin­stitut Sipri teilte nach Putins Rede mit, es rechne nicht damit, dass der Ukraine-Krieg zum Einsatz von nuklearen Waffen führen wird. „Ich glaube nicht, dass ein Atomkrieg eine wahrschein­liche Folge dieser Krise ist“, sagte Sipri-Direktor Dan Smith. „Wenn Atomwaffen existieren, dann gibt es aber leider natürlich immer diese kleine Möglichkei­t. Und das wäre katastroph­al.“Geschichtl­ich betrachtet habe es seit dem Koreakrieg Anfang der 1950er Jahre keine gefährlich­ere Situation gegeben, sagte Smith.

Gespräche an Grenze

Die Ukraine stimmte unterdesse­n Friedensve­rhandlunge­n mit Russland zu. Für die Gespräche an der ukrainisch­belarussis­chen Grenze seien Kiew keine Bedingunge­n gestellt worden, teilte das ukrainisch­e Präsidiala­mt mit.

Aus Kiew hieß es, der belarussis­che Machthaber Alexander Lukaschenk­o habe die Verantwort­ung dafür übernommen, dass alle in Belarus stationier­ten Flugzeuge, Hubschraub­er und Raketen während der Anreise der ukrainisch­en Delegation am Boden blieben. Ein Zeitpunkt für den Beginn der Gespräche wurde nicht genannt.

Bisher hatte der ukrainisch­e Präsident Wolodymyr Selenskyj Verhandlun­gen in Belarus abgelehnt. Das Nachbarlan­d sei nicht neutral, sagte er zur Begründung. Lukaschenk­o hatte zugegeben, dass auch von belarussis­chem Gebiet aus zwei Raketen auf die Ukraine gefeuert worden seien.

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Imago-BILD: Guneev Präsident Wladimir Putin bei einer Rede am Sonntag: Er droht jetzt indirekt mit einem Atomschlag.

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