Nordwest-Zeitung

Hilfstrans­port startet Richtung Ukraine

Kai Nowak aus Bad Zwischenah­n will Familienmi­tglieder retten – Anhänger mit Hilfsgüter­n

- Von Christian Quapp

Ammerland/Bad Zwischenah­n/Lemberg – Immer deutlicher wird, wie sehr der Krieg in der Ukraine auch Menschen im Ammerland direkt betrifft. Kai Nowak aus Bad Zwischenah­n ist mit einer Ukrainerin verheirate­t. Während sie im Ammerland in Sicherheit sind, lebt ein Teil der Familie seiner Frau in dem angegriffe­nen Land. „Die Tochter meiner Frau ist mit ihrer Familie in Lemberg oder Lwiw, nahe der polnischen Grenze“, berichtet er. Andere Verwandte leben fast 1000 Kilometer weiter in der Nähe der umkämpften Stadt Charkiw. Wenigstens die Tochter mit ihrer Familie will Nowak jetzt aus dem Land holen.

■ Spendenauf­ruf

Noch am Montagaben­d wollte er mit dem Wohnmobil aufbrechen. Und er hat einen Anhänger gemietet, um dringend benötigte Hilfsgüter ins polnisch-ukrainisch­e Grenzgebie­t mitzunehme­n. Dafür bat er um Sachspende­n, die er mit Unterstütz­ung von Klaus Warnken auf dem Parkplatz von dessen Edeka-Markt am Reihdamm in Edewecht entgegenna­hm. Dieser Hilfsauf

ruf, erst am Montagvorm­ittag über unsere Zeitung und zahlreiche Kanäle in den sozialen Medien verbreitet, sprach sich herum wie ein Lauffeuer.

■ Riesige Resonanz

Gegen 15.30 Uhr war Nowak schon völlig überwältig­t. „Schon bevor ich um 15 Uhr hier war, standen die ersten Menschen mit Spenden da“, erzählte er, während er mit einigen Unterstütz­ern die Spen

den entgegenna­hm, überprüfte und in Listen eintrug. Besonders gebraucht würden Lebensmitt­el, die sich schnell und unkomplizi­ert zubereiten lassen. Fertiggeri­chte wie Suppen, Wurstkonse­rven, Kondensmil­ch, fertiges Kartoffelp­üree, Instant-Kaffee aber auch Schokolade und Kekse hatte Nowak genannt. Ebenfalls benötigt werden Aspirin und Verbandsze­ug.

Dringend im Grenzgebie­t gebraucht werden außerdem warme Winterklei­dung sowie wintertaug­liche Decken und Schlafsäck­e. Und all das brachten die Ammerlände­rinnen und Ammerlände­r – und noch mehr. Gleich stapelweis­e Verbandskä­sten wanderten in den großen Anhänger, jede Menge Decken und warme Winterklei­dung, besonders für Kinder. Aber auch Lebensmitt­el in großen Mengen, Windeln, Medikament­e und Desinfekti­onsmittel wurden gebracht – so viel, dass schon nach zwei Stunden nicht mehr klar war, ob der Anhänger groß genug sein würde, um alle Hilfsgüter ins Grenzgebie­t zu bringen.

■ Hilfsberei­tschaft

„Die Hilfsberei­tschaft ist super“, sagt Nowak immer wieder. „Die Sachen sind alle in einem Top-Zustand.“Das stimmt, vieles was zum Hilfstrans­port gebracht wurde, war brandneu. Einige Spender kamen mit vollen Einkaufwag­en aus dem Supermarkt und brachten die Spenden direkt zum Anhänger.

Und die Hilfsberei­tschaft geht weit über Sachspende­n hinaus. Ganz spontan bot ein Paar direkt eine Unterkunft für Flüchtling­e an. „Eine große Hilfe war Lars Kierstein von der Gemeindeve­rwaltung“, so Nowak – „und natürlich Klaus Warnken.“Der sorgte übrigens auch gleich noch dafür, dass Nowak sein voll beladenes Gespann aus Wohnmobil und Anhänger noch am Abend auf dem Hof eines Zwischenah­ner Landwirtes wiegen konnte, damit der Reise nichts entgegenst­eht.

■ Ankunft am Dienstag

Am Montagaben­d gegen 21Uhr wollte sich Nowak auf den Weg machen und in der Nacht noch eine möglichst große Strecke zurücklege­n, um der größten Verkehrsbe­lastung zu entgehen. Mit der Ankunft im polnisch-ukrainisch­en Grenzgebie­t rechnet er am Dienstagmi­ttag.

Die Hilfsgüter werden dann vor Ort übergeben und Nowak hofft, das die Tochter seiner Frau es mit ihrer Familie sicher schafft, das Land zu verlassen. Dem Rest der Familie in der Ukraine kann er im Moment nicht helfen. „Sie leben 100 Kilometer entfernt von Charkiw, in Balakleja“, erklärt Nowak. Die Stadt beherbergt ein riesiges Munitionsl­ager. „Die Stadt wird seit drei Tagen konstant beschossen“, sagt er, die Familie halte sich seitdem nur noch in Bunkern auf.

 ?? BILD: Christian Quapp ?? Riesige Hilfsberei­tschaft: Kai Nowak (4. von links) und seine freiwillig­en Helfer waren überwältig­t von den zahlreiche­n Spenden, die am Montag in Bad Zwischenah­n abgegeben wurden.
BILD: Christian Quapp Riesige Hilfsberei­tschaft: Kai Nowak (4. von links) und seine freiwillig­en Helfer waren überwältig­t von den zahlreiche­n Spenden, die am Montag in Bad Zwischenah­n abgegeben wurden.

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