Hilfstransport startet Richtung Ukraine
Kai Nowak aus Bad Zwischenahn will Familienmitglieder retten – Anhänger mit Hilfsgütern
Ammerland/Bad Zwischenahn/Lemberg – Immer deutlicher wird, wie sehr der Krieg in der Ukraine auch Menschen im Ammerland direkt betrifft. Kai Nowak aus Bad Zwischenahn ist mit einer Ukrainerin verheiratet. Während sie im Ammerland in Sicherheit sind, lebt ein Teil der Familie seiner Frau in dem angegriffenen Land. „Die Tochter meiner Frau ist mit ihrer Familie in Lemberg oder Lwiw, nahe der polnischen Grenze“, berichtet er. Andere Verwandte leben fast 1000 Kilometer weiter in der Nähe der umkämpften Stadt Charkiw. Wenigstens die Tochter mit ihrer Familie will Nowak jetzt aus dem Land holen.
■ Spendenaufruf
Noch am Montagabend wollte er mit dem Wohnmobil aufbrechen. Und er hat einen Anhänger gemietet, um dringend benötigte Hilfsgüter ins polnisch-ukrainische Grenzgebiet mitzunehmen. Dafür bat er um Sachspenden, die er mit Unterstützung von Klaus Warnken auf dem Parkplatz von dessen Edeka-Markt am Reihdamm in Edewecht entgegennahm. Dieser Hilfsauf
ruf, erst am Montagvormittag über unsere Zeitung und zahlreiche Kanäle in den sozialen Medien verbreitet, sprach sich herum wie ein Lauffeuer.
■ Riesige Resonanz
Gegen 15.30 Uhr war Nowak schon völlig überwältigt. „Schon bevor ich um 15 Uhr hier war, standen die ersten Menschen mit Spenden da“, erzählte er, während er mit einigen Unterstützern die Spen
den entgegennahm, überprüfte und in Listen eintrug. Besonders gebraucht würden Lebensmittel, die sich schnell und unkompliziert zubereiten lassen. Fertiggerichte wie Suppen, Wurstkonserven, Kondensmilch, fertiges Kartoffelpüree, Instant-Kaffee aber auch Schokolade und Kekse hatte Nowak genannt. Ebenfalls benötigt werden Aspirin und Verbandszeug.
Dringend im Grenzgebiet gebraucht werden außerdem warme Winterkleidung sowie wintertaugliche Decken und Schlafsäcke. Und all das brachten die Ammerländerinnen und Ammerländer – und noch mehr. Gleich stapelweise Verbandskästen wanderten in den großen Anhänger, jede Menge Decken und warme Winterkleidung, besonders für Kinder. Aber auch Lebensmittel in großen Mengen, Windeln, Medikamente und Desinfektionsmittel wurden gebracht – so viel, dass schon nach zwei Stunden nicht mehr klar war, ob der Anhänger groß genug sein würde, um alle Hilfsgüter ins Grenzgebiet zu bringen.
■ Hilfsbereitschaft
„Die Hilfsbereitschaft ist super“, sagt Nowak immer wieder. „Die Sachen sind alle in einem Top-Zustand.“Das stimmt, vieles was zum Hilfstransport gebracht wurde, war brandneu. Einige Spender kamen mit vollen Einkaufwagen aus dem Supermarkt und brachten die Spenden direkt zum Anhänger.
Und die Hilfsbereitschaft geht weit über Sachspenden hinaus. Ganz spontan bot ein Paar direkt eine Unterkunft für Flüchtlinge an. „Eine große Hilfe war Lars Kierstein von der Gemeindeverwaltung“, so Nowak – „und natürlich Klaus Warnken.“Der sorgte übrigens auch gleich noch dafür, dass Nowak sein voll beladenes Gespann aus Wohnmobil und Anhänger noch am Abend auf dem Hof eines Zwischenahner Landwirtes wiegen konnte, damit der Reise nichts entgegensteht.
■ Ankunft am Dienstag
Am Montagabend gegen 21Uhr wollte sich Nowak auf den Weg machen und in der Nacht noch eine möglichst große Strecke zurücklegen, um der größten Verkehrsbelastung zu entgehen. Mit der Ankunft im polnisch-ukrainischen Grenzgebiet rechnet er am Dienstagmittag.
Die Hilfsgüter werden dann vor Ort übergeben und Nowak hofft, das die Tochter seiner Frau es mit ihrer Familie sicher schafft, das Land zu verlassen. Dem Rest der Familie in der Ukraine kann er im Moment nicht helfen. „Sie leben 100 Kilometer entfernt von Charkiw, in Balakleja“, erklärt Nowak. Die Stadt beherbergt ein riesiges Munitionslager. „Die Stadt wird seit drei Tagen konstant beschossen“, sagt er, die Familie halte sich seitdem nur noch in Bunkern auf.