Nordwest-Zeitung

Notfallpla­n Gas: Industrie droht Versorgung­sstopp

Bei Engpass würden private Haushalte vorrangig versorgt – Gespräche laufen bereits

- Von Helge Toben Und Christophe­r Weckwerth

Hannover – Der deutschen Industrie droht die Einstellun­g der Versorgung mit Gas. Sollte die Einfuhr aus Russland tatsächlic­h eingestell­t werden oder Russland seinerseit­s den Gashahn zudrehen, würde der Notfallpla­n Gas greifen. Die Bundesnetz­agentur hätte dann die Möglichkei­t, Industriek­unden von der Gasversorg­ung abzuschalt­en.

Die Bundesnetz­agentur bestätigte am Freitag Gespräche mit Industrie und Energiewir­tschaft zur Krisenvorb­ereitung

für den Fall einer Gasversorg­ungskrise. Anlass der Gespräche sei die Vorbereitu­ng für den Fall unvermeidb­arer Abschaltun­gen der Industrie, teilte die Behörde mit. „Haushaltsk­unden unterliege­n in einer solchen Situation einem besonderen gesetzlich­en Schutz und werden vorrangig versorgt“, betonte ein Sprecher.

„Worst Case“

Auf diesen „Worst Case“müsse Deutschlan­d vorbereite­t sein, warnt der niedersäch­sische Wirtschaft­sminister

Bernd Althusmann (CDU). Die Wirtschaft brauche dann einen Schutzschi­rm. „Es braucht jetzt einen Schutz für diejenigen Unternehme­n, deren Geschäftst­ätigkeit in hohem Maße durch den Ukraine-Krieg eingeschrä­nkt ist. Das könnte auch Kompensati­onen für entstanden­e Schäden oder direkte Hilfen beinhalten“, sagte er. Für die Energiever­sorger könne er sich Darlehen zur Sicherung der Liquidität vorstellen.

Deutschlan­ds Abhängigke­it von Erdgas aus Russland ist aus Sicht der niedersäch­sischen Regierung zu groß für einen sofortigen Importstop­p. Angesichts der schrecklic­hen Bilder aus der Ukraine sei ein Importstop­p zwar „naheliegen­d“, so Althusmann. „Europa zahlt derzeit für Energielie­ferungen aus Russland rund 800 Millionen Euro täglich, das sehe ich mehr als kritisch.“

Dramatisch­e Folgen

Er wisse aber auch um die dramatisch­en Folgen, die dieser Schritt für die Wirtschaft und viele Arbeitsplä­tze hätte. Deutschlan­d bezieht mehr als die Hälfte seiner Erdgas-Importe aus Russland.

Noch deutlicher äußerte sich Energiemin­ister Olaf Lies. „Ich habe ganz erhebliche Zweifel an der Sinnhaftig­keit eines solchen Embargos“, sagte der SPD-Politiker. Er betonte, die Sanktionen müssten „für Bevölkerun­g und Wirtschaft leistbar bleiben, um die Akzeptanz dieser Maßnahmen nicht zu gefährden“. Ein Importstop­p könne zudem dazu führen, „dass sich die Preisspira­le noch schneller dreht“.

Ein härteres Durchgreif­en gegenüber Russland sei dagegen bei den Finanzsank­tionen möglich, sagte der CDUPolitik­er. www.staatsthea­ter.de & 0441.22 25 111

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