Notfallplan Gas: Industrie droht Versorgungsstopp
Bei Engpass würden private Haushalte vorrangig versorgt – Gespräche laufen bereits
Hannover – Der deutschen Industrie droht die Einstellung der Versorgung mit Gas. Sollte die Einfuhr aus Russland tatsächlich eingestellt werden oder Russland seinerseits den Gashahn zudrehen, würde der Notfallplan Gas greifen. Die Bundesnetzagentur hätte dann die Möglichkeit, Industriekunden von der Gasversorgung abzuschalten.
Die Bundesnetzagentur bestätigte am Freitag Gespräche mit Industrie und Energiewirtschaft zur Krisenvorbereitung
für den Fall einer Gasversorgungskrise. Anlass der Gespräche sei die Vorbereitung für den Fall unvermeidbarer Abschaltungen der Industrie, teilte die Behörde mit. „Haushaltskunden unterliegen in einer solchen Situation einem besonderen gesetzlichen Schutz und werden vorrangig versorgt“, betonte ein Sprecher.
„Worst Case“
Auf diesen „Worst Case“müsse Deutschland vorbereitet sein, warnt der niedersächsische Wirtschaftsminister
Bernd Althusmann (CDU). Die Wirtschaft brauche dann einen Schutzschirm. „Es braucht jetzt einen Schutz für diejenigen Unternehmen, deren Geschäftstätigkeit in hohem Maße durch den Ukraine-Krieg eingeschränkt ist. Das könnte auch Kompensationen für entstandene Schäden oder direkte Hilfen beinhalten“, sagte er. Für die Energieversorger könne er sich Darlehen zur Sicherung der Liquidität vorstellen.
Deutschlands Abhängigkeit von Erdgas aus Russland ist aus Sicht der niedersächsischen Regierung zu groß für einen sofortigen Importstopp. Angesichts der schrecklichen Bilder aus der Ukraine sei ein Importstopp zwar „naheliegend“, so Althusmann. „Europa zahlt derzeit für Energielieferungen aus Russland rund 800 Millionen Euro täglich, das sehe ich mehr als kritisch.“
Dramatische Folgen
Er wisse aber auch um die dramatischen Folgen, die dieser Schritt für die Wirtschaft und viele Arbeitsplätze hätte. Deutschland bezieht mehr als die Hälfte seiner Erdgas-Importe aus Russland.
Noch deutlicher äußerte sich Energieminister Olaf Lies. „Ich habe ganz erhebliche Zweifel an der Sinnhaftigkeit eines solchen Embargos“, sagte der SPD-Politiker. Er betonte, die Sanktionen müssten „für Bevölkerung und Wirtschaft leistbar bleiben, um die Akzeptanz dieser Maßnahmen nicht zu gefährden“. Ein Importstopp könne zudem dazu führen, „dass sich die Preisspirale noch schneller dreht“.
Ein härteres Durchgreifen gegenüber Russland sei dagegen bei den Finanzsanktionen möglich, sagte der CDUPolitiker. www.staatstheater.de & 0441.22 25 111