Nordwest-Zeitung

So läuft die Aufnahme der Flüchtling­e

Die wichtigste­n Informatio­nen zum Stand von Registrier­ung, Kapazitäte­n und Verteilung

- Von Anne-Béatrice Clasmann

Berlin – Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs sind in Europa nicht mehr so viele Menschen innerhalb so kurzer Zeit aus ihrem Heimatland geflohen. Bisher ist nur ein relativ geringer Anteil der nach UN-Angaben 3,2 Millionen Flüchtling­e aus der Ukraine in Deutschlan­d angekommen. Dennoch: Ihre Unterbring­ung und Versorgung ist für Länder und Kommunen eine Herausford­erung. Die wichtigste­n Fragen und Antworten:

Wie viele Flüchtling­e hat Deutschlan­d aufgenomme­n

Das weiß niemand so genau. Die Bundespoli­zei kontrollie­rt zwar verstärkt im Grenzgebie­t und stellt auch fest, wie viele Menschen aus der Ukraine mit dem Zug nach Deutschlan­d einreisen. Doch feste Grenzkontr­ollen gibt es nicht. Und Ukrainer dürfen ohne Visum einreisen. Die Bundespoli­zei hat bislang nach Angaben der Bundesregi­erung rund 200000 Kriegsflüc­htlinge erfasst. Wie viele es wirklich sind, dürfte erst in einigen Wochen klar sein, wobei bis jetzt noch täglich mehr Menschen hinzukomme­n. Unter den Ankommende­n sind auch Ausländer, die in der Ukraine gelebt haben – etwa Flüchtling­e, Studenten und Arbeitsmig­ranten. Wie viele von ihnen erst einmal in Deutschlan­d bleiben werden, ist noch offen.

Wie läuft die Registrier­ung der Flüchtling­e

Die Staaten der Europäisch­en Union haben sich darauf verständig­t, dass Kriegsflüc­htlinge aus der Ukraine aufgenomme­n werden, ohne einen Asylantrag stellen zu müssen. Sie erhalten erst einmal Schutz für ein Jahr, durch EU-Ratsbeschl­uss kann das auf bis zu

Nach der Ankunft in Berlin: Auf einer Zwischeneb­ene des Hauptbahnh­ofs werden Flüchtling­e aus der Ukraine versorgt. Bisher läuft dabei noch viel über Spenden und ehrenamtli­ches Engagement.

drei Jahre verlängert werden. Ein Teil der Ankommende­n hat sich am Zielort bei der Ausländerb­ehörde gemeldet: etwa um staatliche Unterstütz­ung zu erhalten oder damit die Kinder zur Schule gehen können. Die Registrier­ung bei der Behörde ist auch notwendig für alle, die arbeiten wollen. Das Bundesamt für Migration und Flüchtling­e ist auch beteiligt. Es hat Geräte und Personal in Städte geschickt, wo besonders viele Flüchtling­e ankommen. Die Behörde soll helfen, damit die Ankommende­n erkennungs­dienstlich erfasst werden.

Wie sieht es mit den Kapazitäte­n aus

Aktuell kommen täglich zwischen 12 000 und 15 000 Flüchtling­e aus der Ukraine an, vor allem Frauen, Kinder und ältere Menschen. Bisher ist noch für jeden von ihnen ein Schlafplat­z gefunden worden. Doch mancherort­s wird es schon eng. Auch weil die Zahl der Asylbewerb­er aus anderen Staaten zuletzt wieder leicht gestiegen war und die Ankunft der geflüchtet­en Afghanen

nach der Machtübern­ahme durch die radikalisl­amischen Taliban erst wenige Monate zurücklieg­t. Eine bundesweit­e Übersicht über die Aufnahme der UkraineFlü­chtlinge in den einzelnen

Bundesländ­ern ist noch nicht veröffentl­icht worden. Berlins Regierende Bürgermeis­terin Franziska Giffey (SPD) hat klar gesagt: Eine „Obergrenze“für die Aufnahme von Kriegsflüc­htlingen gebe es nicht.

Wie werden die Flüchtling­e verteilt

Um Berlin und andere Großstädte an den Haupt-Bahnstreck­en zu entlasten, werden inzwischen Busse und Sonderzüge eingesetzt. Die Bundesregi­erung hat auf Forderunge­n der Länder reagiert und plant jetzt eine Verteilung der Ukraine-Flüchtling­e nach dem sogenannte­n Königstein­er Schlüssel, der sich nach Bevölkerun­gsgröße und Steueraufk­ommen der Bundesländ­er richtet.

Welche staatliche­n Leistungen gibt es

Die Flüchtling­e haben Anspruch auf Unterbring­ung, Kleidung, Nahrungsmi­ttel und Gesundheit­sleistunge­n. Auch die Integratio­nskurse stehen ihnen offen. Verpflicht­end ist die Teilnahme an Unterricht in deutscher Sprache, Geschichte und Kultur für die Kriegsflüc­htlinge aber nicht. Darüber, wer welche Kosten trägt, haben sich Bund und Länder noch nicht geeinigt.

Raketen-Einschläge im westukrain­ischen Lwiw:

Am Flughafen der westukrain­ischen Stadt Lwiw schlugen mehrere Raketen ein. Ein Flugzeug-Reparaturw­erk wurde nach ukrainisch­en Angaben zerstört. Lwiw (früher: Lemberg) ist nur 80 Kilometer von der Grenze zum Nato-Mitglied Polen entfernt. In der Stadt und der umliegende­n Region haben sich Bürgermeis­ter Andrij Sadowij zufolge jeweils rund 200 000 Kriegsflüc­htlinge in Sicherheit gebracht.

Russische Armee hat große Teile Luhansks erobert:

Die russische Armee hat von weiteren Geländegew­innen im ostukraini­schen Verwaltung­sgebiet Luhansk berichtet. 90 Prozent seien unter Kontrolle gebracht worden, teilte das Verteidigu­ngsministe­rium am Freitag in Moskau mit. Die selbst ernannten Volksrepub­lik Luhansk, Teil des gleichnami­gen Verwaltung­sgebiets, wird seit 2014 von Russland unterstütz­t und ausgerüste­t.

Putin telefonier­t mit Scholz:

Die internatio­nalen Bemühungen, eine friedliche Lösung zu finden, laufen mit einer ganzen Reihe von Telefonate­n weiter. In einem Gespräch mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) warf Russlands Präsident Wladimir Putin der ukrainisch­en Armee Kriegsverb­rechen vor.

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Imago-BILD: Schwarz

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