Kremlchef verlässt Krim-Party im Moskauer Stadion
TV-Blackout bei Putin-Rede – Fragen in sozialen Medien – Ansprache ungewöhnlich kurz
Moskau – In seiner dicken Winterjacke und dem Rollkragen-Pullover redet sich Wladimir Putin gerade erst warm, da ist die große Show schon wieder vorbei. Russlands Präsident redet am Freitag im Moskauer Luschniki-Stadion, bei einem großen Fest zum achten Jahrestag der Einverleibung der Schwarzmeer-Halbinsel Krim am 18. März 2014. Da blendet sich das Staatsfernsehen einfach aus, mitten im Satz. Von Putin ist nichts mehr zu sehen. Stattdessen laufen aufgezeichnete Bilder.
Gerade hatte der Kremlchef vor Zehntausenden Jublern im Stadion noch vom Beginn der „militärischen Spezial-Operation“in der Ukraine am 24. Februar gesprochen. Ein Termin, der zufällig mit dem Geburtstag eines herausragenden Militärs zusammengefallen sei – dem von Admiral Fjodor Uschakow, der als Heiliger in Russland verehrt wird. Dann ist plötzlich Schluss. Aufregung im ganzen Land. Vor den Bildschirmen herrscht Ratlosigkeit. Putin ist einfach verschwunden. Mitten in einer groß angekündigten Rede am Jahrestag der „Vereinigung der Krim“– einfach weg.
Aufregung im Internet
In sozialen Netzwerken machen sofort Fragen die Runde: Wo ist Putin? Was ist passiert? Eben noch ist er auf der Bühne zu sehen unter einem Banner „Für eine Welt ohne Nazismus“. Plötzlich flimmern nur noch aufgezeichnete Sequenzen von der Krim-Party über den Bildschirm. In sozialen Netzwerken schreiben viele Menschen, sie seien zutiefst erschrocken. Manche sorgen sich um die Gesundheit des
Russlands Präsident Wladimir Putin ließ sich im Moskauer Stadion bejubeln.
69-Jährigen. Andere scherzen, dem Kremlchef – wohl mit schusssicherer Weste unter der dicken Daunenjacke – seien wohl die repressiven russischen Sprachregelungen auf die Füße gefallen: Offiziell ist es in Russland geächtet, von „Krieg“, „Invasion“oder „Ein
marsch“in der Ukraine zu sprechen.
Kremlsprecher Dmitri Peskow begründet die beispiellose Sende-Unterbrechung von Putins Auftritt im Staatsfernsehen später mit einer technischen Panne. Es habe ein Problem mit dem Server gegeben.
Wenig später zeigt der TV-Kanal Rossija 24 die Rede in voller Länge – so wie sie die vielen Zehntausend, die im Stadion gejubelt haben, auch gehört haben. Aber viel kommt nicht mehr. Für Putins Verhältnisse ist die Rede ungewöhnlich kurz.
Admiral zitiert
Schon der kriegserprobte Admiral Uschakow (1745-1817) habe einmal gesagt, dass Stürme nur dem „Ruhm Russlands“nützten. So sei es immer gewesen, so werde es immer sein, sagt Putin noch. „Spassibo!“– „Danke!“Dann verlässt er unter tosendem Beifall und Jubel das Stadion, ohne Hast. Er dreht sich noch einmal um und winkt. Außerhalb des Stadions gibt es aber auch Leute, die Scham äußern, weil in der Ukraine Menschen sterben, während sich der Kremlchef bejubeln lässt.