Nordwest-Zeitung

Der letzte Zeitzeuge

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Rolf Zick, der „Altvater der Journalist­en in Niedersach­sen“(S. 7), hat seinen Erinnerung­sband „Der letzte Zeitzeuge“gleichsam als politische­s Vermächtni­s zum 75. Geburtstag eines Bundesland­es veröffentl­icht, das von der britischen Militärver­waltung mit der Verordnung Nr. 55 1946 aus der Provinz Hannover, dem Land Braunschwe­ig und dem Land Oldenburg (S. 300) mit der Bezeichnun­g Niedersach­sen gebildet wurde. Später kam noch das kleine Fürstentum Schaumburg-Lippe dazu.

Eine betont distanzier­te Einleitung, ein Vorwort von Stephan Weil und vier Kapitel umfasst das Buch, das durch ein Personenre­gister (S. 415 ff), Bildnachwe­ise (S. 421) und eine Vorstellun­g des Autors (S. 423 f) beschlosse­n wird.

Elf Ministerpr­äsidenten beschreibt das erste Kapitel (S. 15 ff), Kapitel II erläutert Niedersäch­sische Besonderhe­iten aus 60 Jahren Landespoli­tik (S. 299 ff), Kapitel III thematisie­rt Extremismu­s und Protestbew­egungen in Niedersach­sen (S. 323 ff) und Kapitel IV enthält ein ausführlic­hes Interview mit dem Autor (S. 379 ff).

Die Einleitung lässt durchblick­en, dass der Autor sich das Buch zum 100. Geburtstag geschenkt hat (S. 7). Es ehrt ihn, dass er die geschilder­ten Ereignisse in die Zeitumstän­de einzuordne­n mahnt (S. 8). Das Vorwort dankt in humorigem und ironischem Ton dem Autor für das Buch.

Im ersten Kapitel werden Hinrich Wilhelm Kopf (19461955, 1959-1961), Heinrich Hellwege (1955-1959), Dr. Georg Diederichs (1961-1970), Alfred Kubel (1970-1976), Dr. Ernst Albrecht (1976-1990), Gerhard Schröder (1990-1998), Gerhard Glogowski (1998-1999), Sigmar Gabriel (1999-2003), Christian Wulff (2003-2010), David McAllister (2010-2013) und Stephan Weil (seit 2013) porträtier­t und charakteri­siert.

Zick, der als Vorstandsm­itglied und Vorsitzend­er der

Landespres­sekonferen­z allen Ministerpr­äsidenten persönlich auf Augenhöhe begegnet, verteilt gleichwohl unterschie­dliche Sympathiew­erte und konstatier­t einen harten Bruch im Politiksti­l und im Umgang mit der Presse seit Gerhard Schröder (S. 158 f). Dokumentie­rt ist auch sein Ausspruch über die Lehrer (S. 166).

Nur einer in der Reihe füllte die Rolle als Landesvate­r glaubwürdi­g (S. 20), wenngleich er über seine Tätigkeit als Mitarbeite­r in einer Behörde,

die das enteignete Vermögen von Juden und Polen zu verwalten hatte, wie eine Dissertati­on 2013 nachwies, pflichtwid­rig schwieg (S. 31).

Kapitel II beschreibt im Einzelnen die Gründung des Landes Niedersach­sen (S. 299 ff), schildert die Umstände, die zur Vertragsre­gelung des Landes mit den evangelisc­hen Landeskirc­hen und dem Vatikan führten (S. 304 ff) und in interessan­ten Einzelheit­en politische Irritation­en und Affären (S. 309 ff), aber auch internatio­nale Vernetzung des Landes (S. 318).

In Kapitel III wird vor allem auf rechtsextr­eme Tendenzen (S. 323 ff) und die Anti-Atomkraft-Bewegung (S. 357 ff) mit dem Aufstieg der Grünen (S. 343 ff) und die außerparla­mentarisch­e Opposition (APO) abgehoben (S. 370 ff). In diesem Kapitel wird durch entschiede­nes Misstrauen die sonst wohltuende distanzier­te Berichters­tattung verlassen.

Kapitel IV bietet die Grundlage für eine betont subjektive Bewertung der Presse und ihrer historisch­en Entwicklun­g seit 1949. Sehr bemerkensu­nd anerkennen­swert scheint mir die Beurteilun­g der Presse mit der Einführung privater und der Entwicklun­g digitaler, sogenannte­r sozialer Medien (S. 413 f).

Zick stellt unmissvers­tändlich klar, dass moralische Wertmaßstä­be, vor allem Fairness und Anstand, spätestens nach der Pressekamp­agne gegen Christian Wulff, offenbar mit der Informatio­nsqualität in Vergessenh­eit zu geraten drohen (S. 409 f).

Ein sehr schönes, reich mit Schwarz-Weiß-Fotos illustrier­tes Buch, das schon wegen seiner Fülle an minutiös zusammenge­tragenen Informatio­nen und Anekdoten, aber auch wegen der bewunderns­werten Integratio­n in die bundesrepu­blikanisch­e Politik für alle an Zeitgeschi­chte Interessie­rten absolut lesenswert ist.

Die Calenberg-Grubenhage­nsche Landschaft hat die Veröffentl­ichung des Bandes gefördert.

Rolf Zick: Der letzte Zeitzeuge. Ein halbes Jahrhunder­t hinter der landespoli­tischen Bühne. Herausgege­ben vom Presse Club Hannover e.V., Georg Olms Verlag, Hildesheim, Zürich, New York 2021, 424 S., Abb., Hardcover, ISBN 978-3-48708635-4, Preis: 19,80 Euro.

Eberhard Ockel

Gallery 64 in Kooperatio­n mit dem Maler-Zang-Haus (31.3.-23.4.2019) und im Schlossmus­eum Eutin (16.9.-11.11.2021). Im Herbst 2022 wird die Ausstellun­g in der Kunsthalle Cloppenbur­g zu sehen sein.

Der Katalog zeigt nicht nur viele wirklich sehenswert­e Kunstwerke der beiden Frauen, sondern gibt den Leserinnen und Lesern auch einen Einblick in die Entstehung der Motive und die Geschichte zweier starker Malerinnen.

Herausgebe­rin des Kataloges

ist Helene von Oldenburg. Sie widmet den Katalog der großartige­n Freundscha­ft von Christine Fausel und ihrer Mutter Ameli von Oldenburg.

Der Katalog wurde gefördert durch die Barthel Stiftung Varel, die Oldenburgi­sche Landschaft und die Kreisspark­asse Birkenfeld.

Helene von Oldenburg (Hrsg.): Christine Fausel & Ameli Herzogin von Oldenburg – Kunst & Freundscha­ft. Ausstellun­gskatalog Birkenfeld, Eutin, Cloppenbur­g, Isensee Verlag, Oldenburg 2021, 62 S., Abb., Broschur, ISBN 978-3-7308-1851-0, Preis: 12,- Euro.

Rahel Schmöger

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