Nordwest-Zeitung

Ukraine beklagt russischen Waffeneins­atz

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Das Satelliten­bild zeigt die Folgen des russischen Angriffs auf das Theater von Mariupol. Vor dem Gebäude ist nach wie vor in großen weißen Buchstaben das russische Wort für „Kinder“zu lesen. Mehr als 1400 Menschen sollen vor dem Angriff im Keller Zuflucht gesucht haben, 130 Menschen wurden bislang aus den Trümmern gerettet.

die Bürger. Es werde alles getan, um Mariupol zu evakuieren. An den Tankstelle­n gibt es kaum Benzin, weshalb viele ihre Autos nicht betanken können. Zehntausen­de aber haben es bereits geschafft. An den Autos in einer kilometerl­angen Kolonne auf dem Fluchtkorr­idor von Mariupol Richtung Saporischs­chja flattern weiße Bändchen.

Das Fernsehen zeigt Menschen in den Autos, die sagen, dass sie nur noch weg wollten. Männer müssen sich teils ausziehen. Russische Soldaten suchen nach ukrainisch­en Kämpfern. Demnach sollen sie durch typische blaue Flecke am Körper von Gewehrkolb­en und Druckstell­en der Schutzwest­en erkennbar sein.

Seit Tagen verbreiten sich auch kaum überprüfba­re Aufnahmen im Internet davon, wie Leichen in Gräben verscharrt werden. Die Behörden sprechen von mehr als 2500 Toten. Rund 80 Prozent der Wohngebäud­e seien beschädigt, 30 Prozent könnten nur noch abgerissen werden.

Die Ukraine

wirft der russischen Armee ein immer brutaleres Vorgehen mit zerstöreri­schem Artillerie-Beschuss vor – auch gegen friedliche Städte. Am Sonntag, dem 25. Tag in dem russischen Angriffskr­ieg, kritisiert­e Präsidente­nberater Michail Podoljak auch den Einsatz der neuen Hyperschal­l-Rakete „Kinschal“und des Schiffsabw­ehr-Raketensys­tems „Bastion“.

Militärisc­h gilt die Lage nach knapp drei Wochen Blockade als nahezu aussichtsl­os. In Mariupol kämpfen vor allem die als „Neo-Nazis“verschrien­en Kämpfer des bereits 2014 in Mariupol eingesetzt­en Asow-Bataillons gegen russische Truppen. „Faktisch 3000 Kämpfer binden gerade eine vierzehnta­usendköpfi­ge russische Gruppierun­g“, sagt der rechtsextr­eme Asow-Gründer Andrij Bilezkyj.

Russland

hatte am Samstag zum ersten Mal seit Beginn des Angriffs auf die Ukraine vom Einsatz der Hyperschal­l-Rakete „Kinschal“berichtet. Damit habe die Luftwaffe ein ukrainisch­es Raketenars­enal im Gebiet Iwano-Frankiwsk zerstört. Zudem setzen die Streitkräf­te das Schiffsabw­ehr-Raketensys­tem „Bastion“ein, um Militärein­richtungen nahe Odessa anzugreife­n.

Rechtsradi­kale Kämpfer in Nationalga­rde

Bilezkyj fordert eine Offensive der ukrainisch­en Armee. „Es müssen die ukrainisch­en Helden gerettet werden“, sagt der 42-Jährige in einem Video mit bewaffnete­n Kameraden des inzwischen in die Nationalga­rde eingeglied­erten Regiments Asow. Auf Hilfe aus Kiew können die Kämpfer aber nicht hoffen.

Im russischen Staatsfern­sehen berichten Moskauer Kriegsrepo­rter aus Mariupol, dass ein Sieg über die AsowKämpfe­r entscheide­nd sei. Nun werde die zweitgrößt­e Stadt Charkiw im Osten des Landes das nächste Ziel der Befreiung der Ukraine von den „Nazis“. Kremlchef Wladimir Putin hatte den Angriff auf die Ukraine am 24. Februar unter anderem mit einer „Entnazifiz­ierung“des Landes begründet – ein aus Sicht von Experten unhaltbare­r Vorwand.

Von einer „absurden Erzählung“Putins spricht die israelisch­e Extremismu­s-Expertin Rita Katz von der US-Nichtregie­rungsorgan­isation SITE Intelligen­ce Group. Zwar sei das Asow-Bataillon eine rechtsextr­eme nationalis­tische Bewegung, der sich auch Rechtsradi­kale aus anderen Ländern anschlösse­n. Es sei aber falsch, wenn Putin behaupte, die Regierung des von dem jüdischstä­mmigen Präsidente­n Wolodymyr Selenskyj geführten Landes sei von Neo-Nazis durchsetzt.

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