Nordwest-Zeitung

Spargelbau­ern vor Saisonstar­t

Ideales Wetter in Niedersach­sen – Sorgen wegen Krieg und Kosten

- Von Elmar Stephan

Zu jedem Skandal wird es wie bei einem Erdbeben Nachbeben und Druckwelle­n geben, hat mal ein kluger Mann gesagt. Das wird auch in dieser Woche einmal mehr deutlich, wenn gleich in mehreren Fällen über die Nachwirkun­gen und Folgen Jahre zurücklieg­ender „Skandale“diskutiert und verhandelt wird.

So beschäftig­t sich am Donnerstag der Bundesgeri­chtshof abermals mit dem im Herbst 2015 ans Licht gekommenen VW-Dieselskan­dal. Dieses Mal geht es um die Verjährung von Schadeners­atzansprüc­hen. Dass den Wolfsburge­r Autobauer die Abgasaffär­e noch immer nicht loslässt, zeigt sich in dieser Woche auch vor dem Landgerich­t Braunschwe­ig. Dort müssen sich vier frühere VW-Manager wegen des Vorwurfs des gewerbsund bandenmäßi­gen Betruges verantwort­en.

Ebenfalls schon Jahre zurück liegt der Bilanzskan­dal bei Steinhoff. Ende 2017 hatte der südafrikan­isch-deutsche Möbelriese, dessen Wurzeln in Westersted­e liegen, Bilanzunre­gelmäßigke­iten eingeräumt und erlebte in der Folge einen fast beispiello­sen Absturz. In den vergangene­n Jahren bemühte sich Steinhoff vor allem darum, unter neuem Management wieder Boden unter die Füße zu bekommen. An diesem Freitag steht in Amsterdam die Hauptversa­mmlung an.

So wie Melanie Stöckl vom Spargelhof Wagner im bayerische­n Hohewart bereiten sich auch viele andere Spargelanb­auer in diesen Tagen auf die anstehende Saison vor (Luftaufnah­me mit einer Drohne).

Hatten – Die niedersäch­sischen Spargel- und Beerenanba­uer blicken mit gemischten Gefühlen auf die bald startende Saison. „Das Wetter ist für uns Spargelanb­auer im Moment ideal, wie bestellt“, sagte der Geschäftsf­ührer und Vorstandss­precher der Vereinigun­g der Spargel- und Beerenanba­uer in Niedersach­sen, Fred Eickhorst, in Sandhatten (Kreis Oldenburg). Die Sonne scheine, was die abgedeckte­n Spargeldäm­me auf den Feldern erwärme, gleichzeit­ig sei es noch so kalt, dass Freilandwa­re nicht zu schnell wachse.

Erste Spargelanb­ieter haben Eickhorst zufolge bereits mit der Ernte der ersten Stangen angefangen. Nicht überall, aber doch an einigen Standorten werde zum Monatswech­sel Spargel verkauft werden. Dennoch seien die Ungewisshe­iten wegen des UkraineKri­eges groß.

80 000 Saisonkräf­te

Jedes Jahr kommen 80 000 Saisonarbe­itskräfte nach Niedersach­sen, um auf den Feldern zu helfen. Der Großteil kommt aus Osteuropa, vor allem aus Polen und Rumänien. Jedes Jahr seien für die Beerenernt­e auch 7000 ukrainisch­e Studenten in Niedersach­sen, die in ihren Semesterfe­rien jobben, sagte Eickhorst. Diese

Arbeitskrä­fte würden definitiv nicht kommen. Das betreffe vor allem Heidelbeer­betriebe.

Derzeit gebe es noch keine Absagen von Arbeitskrä­ften. Er glaube, das bis auf ganz kleine Ausnahmen die Saisonarbe­itskräfte auch kommen werden, sagte Eickhorst: „Was aber ist, wenn sich der Krieg ausweitet auf die Nachbarlän­der?“Er rechne damit, dass in diesem Fall viele Polen und Rumänen sicher bei ihren Familien bleiben werden und ihr Land verteidige­n wollen.

Mindestloh­n belastet

Die Branche müsse auch mit starken Kostenstei­gerungen klarkommen. Wenn im

Oktober der Mindestloh­n auf zwölf Euro pro Stunde steige, bedeute das eine Lohnsteige­rung innerhalb von zehn Monaten um 25 Prozent. Damit stiegen die Produktion­skosten für Spargel und Beeren um wenigstens ein Euro pro Kilo. Der Lohnkosten­anteil in diesem Bereich liege für Betriebe in Deutschlan­d zwischen 40 und 60 Prozent.

„Wir wollen in dieser Zeit den Verbrauche­rn klarmachen, wenn ihr weiterhin gute Produkte kauft, müsst ihr auch mehr ausgeben“, sagte Eickhorst. Ob Verbrauche­r aber dazu angesichts der großen Preissteig­erungen gerade bei Energie dazu bereit seien, sei unklar.

 ?? Dpa-BILD: Hoppe ??
Dpa-BILD: Hoppe

Newspapers in German

Newspapers from Germany