Schiri trifft auf „Senioren des Grauens“
Oldenburger Andre Schnor schreibt Buch über seine Reha-Erlebnisse
Oldenburg – Das hätte er auch nicht gedacht, dass er mit 48 Jahren noch mal das „Küken“ist: Andre Schnor, mittlerweile kurz vor 54, wurde im Spätsommer 2016 nach einer KnieOperation in eine dreiwöchige Reha-Maßnahme nach Ostwestfalen geschickt. Dort war der Oldenburger dann das „Kurküken“– angesichts des Altersdurchschnitts. Dort begegnete er den „Senioren des Schreckens“: chronischen Nörglern und Besserwissern.
Die Erlebnisse und Begegnungen des Tages hatte Schnor Abend für Abend im Lesesaal der Klinik aufgeschrieben. Einmal habe ihn ein älterer Herr gefragt, ob er Buchautor sei. „Nein“, so seine wahrheitsgemäße Antwort, mit dem spontanen Nachsatz: „Vielleicht werde ich ja mal einer.“So ist es nun geschehen.
Mit Humor und Biss beschreibt Andre Schnor, wie die „Generation Opel Kapitän“die Welt versteht. Unter dem Titel „Senioren des Grauens“ist das Taschenbuch jetzt erschienen (Isensee-Verlag Oldenburg, ISBN 978-3-7308-1894-7, 80 Seiten, 9,90 Euro).
Der Geruch von 4711
Die Namen der Personen und Orte hat der Debütant selbstverständlich verändert. Wer selber schon einmal „in
Mit Humor und Biss: Andre Schnor hat über die „Senioren des Grauens“geschrieben.
Reha“war, fühlt sich beim Lesen sofort erinnert: an Anwendungen, Therapiepläne, feste Tischeinteilung, verpflichtende Teilnahme an Vorträgen.
Das Konzept ist wohl überall gleich. Quengler, Erbsenzähler und Rechthaber, wie sie in dem Buch vorkommen, hat man vielleicht auch selber kennengelernt. Andre Schnor sind nicht wenige Meckerpötte (manche auf hohem Niveau) begegnet. Ab Tag eins hatte er Hannes Jäger an der
Backe und wurde ihn auch so schnell nicht wieder los. Genauso wie den Geruch von 4711.
Diese drei Wochen haben den Osternburger die Welt aus einem anderen Blickwinkel betrachten lassen. „Im Laufe der Zeit versuchte ich mir klar zu machen, warum diese im Krieg geborene und danach aufgewachsene Generation zu dem geworden ist, was sie ist“, erklärt er im Vorwort. Eigentlich könne sie doch fröhlich in die Zukunft schauen, sie würder de aber lieber „unzufriedenerweise einen schönen Lebensabend haben“, meint der Autor über die Generation, die er mit der Oberklassen-Limousine des Autoherstellers Opel vergleicht, die sogar die Kriegsjahre überstanden hat.
Topliste der Wettfloskeln
Andre Schnor analysiert mit Humor, oft bissig, Charaktere und Situationen. Das ist unterhaltsam und hat hohen Wiedererkennungswert (manchmal auch mit sich selbst). Herrlich ist die Topliste der Wetterfloskeln, die man gut mal im Alltag austesten kann. Man schmunzelt über den Bingo-Abend in der Klinik, der für den Autor zur Überraschung wird. Und er ist ja auch nicht nur Menschen begegnet, die das Glas stets halbleer sehen. Einer war der Schiri-Opa, mit dem sich Andre Schnor, der 32 Jahre selber als Schiedsrichter Fußballspiele geleitet hat und den Nachwuchs ausbildet, verbunden fühlt. In einem Albtraum ist ihm aber auch eine furchteinflößende Rentnergang begegnet. Eben jene „Senioren des Grauens“, die dem Buch den Titel gegeben haben.
Andre Schnor hat ganz schön ausgeteilt. „Ich kann aber auch einstecken“, sagt der Schiri, der weiß, dass er bei einer nächsten Reha bestimmt nicht mehr das „Küken“wäre.