Nordwest-Zeitung

Wo Regeln nicht gelten

- Von Hauke Richters

Die Tat von Bochum macht fassungslo­s. Einem Menschen einen vollen Getränkebe­cher an den Kopf zu werfen, hat im normalen Leben eine Anzeige wegen Körperverl­etzung zur Folge. Und auch der Versuch kann schon strafbar sein.

Im Fußball ist das – leider – etwas anders. Denn oftmals haben sich Stadien als rechtsfrei­e Räume entpuppt. Dass Spieler bei der Ausführung von Einwürfen oder Eckbällen vor der gegnerisch­en Fankurve in einem Regen von Gegenständ­en stehen, bleibt meist ungeahndet. Dass der gegnerisch­e Torhüter bei einem Abstoß mit unflätigen Ausdrücken bedacht wird, ebenso.

Man stelle sich vor, ein Passant stellt sich in einer Fußgängerz­one vor einen anderen Passanten und brüllt ihm über eine halbe Stunde hinweg diese Ausdrücke immer wieder ins Gesicht. Die Folge wäre vermutlich eine Anzeige. Die gleiche Reaktion gäbe es wohl, wenn dieser Passant einen Gegenstand in Richtung des anderen werfen würde, im Extremfall sogar einen brennenden. All das kommt leider immer wieder in Stadien vor und findet immer wieder Nachahmer. Ist das gut? Ist das die vielbeschw­orene besondere Stimmung? Nein, es ist tieftrauri­g.

Die Argumente „so ist das eben beim Fußball“, „war doch nicht so schlimm“und „das müssen die abkönnen“ziehen da nicht mehr. Das, was im normalen Leben zu Begegnunge­n mit der Justiz führt, muss auch im Fußballsta­dion sanktionie­rt werden. Der Vorwand, die anderen hätten das ja auch gemacht und irgendwie sei das ja auch nicht böse gemeint, darf nicht gelten. Denn wieso sollte sich innerhalb unserer Gesellscha­ft ein Subsystem bilden, in dem die sonst üblichen Regeln plötzlich nicht mehr gelten?

Sehr, sehr viele Fans sehen das bereits so und helfen mit, Übeltäter zu identifizi­eren. Das hat nichts mit Petzen und Verpfeifen zu tun, sondern mit der Aufklärung von Straftaten.

@ Den Autor erreichen Sie unter Richters@infoautor.de

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