Nordwest-Zeitung

Das sagt Anfang über Impfpass-Skandal

So versucht Werder Bremens Ex-Trainer sein Verhalten zu begründen

- Von Sebastian Stiekel

Bremen – Kurz nach dem 1:0Sieg von Werder Bremen im Spitzenspi­el der 2. FußballBun­desliga gegen Darmstadt 98 hat der ehemalige Werder-Coach Markus Anfang am späten Samstagabe­nd über die Umstände seines Abgangs in Bremen gesprochen. „Natürlich wünscht man sich, dass ein Mensch eine zweite Chance bekommt. Aber ich kann das nicht erwarten“, sagte der 47-Jährige im ZDF-„Sportstudi­o“bei seinem ersten öffentlich­en Auftritt nach dem Impfpass-Skandal.

Anfang war am 20. November als Werder-Trainer zurückgetr­eten, weil die Staatsanwa­ltschaft gegen ihn wegen der Nutzung eines gefälschte­n Impfauswei­ses ermittelte. Mittlerwei­le hat ihn das Amtsgerich­t Bremen zu einer Geldstrafe von 36 000 Euro und das Sportgeric­ht des Deutschen Fußball-Bundes zu einer Sperre von einem Jahr verurteilt, die ab dem 10. Juni zur Bewährung ausgesetzt wird.

Er habe „auf ganzer Linie als Vorbild versagt“. Und „ich

Sprach am Samstagabe­nd im ZDF über seinen Abgang aus Bremen: Markus Anfang

habe viele Menschen, die Vertrauen in mich gesetzt und mich unterstütz­t haben, enttäuscht und belogen“, sagte Anfang in zwei Interviews des ZDF und der „Bild am Sonntag“, die aus seiner Sicht nun retten sollen, was von seiner Reputation als Fußballleh­rer noch zu retten ist.

Angst vor Impfung

Der frühere Bundesliga­Profi ist nach eigenen Angaben nach wie vor nicht geimpft. Er erklärt dies mit „einer großen Angst vor dieser Impfung“, die von einer eigenen

Herzmuskel­entzündung und einem schweren Herzinfark­t bei seinem Vater herrühre. Myokarditi­s kann in sehr seltenen Fällen nach einer mRNA-Impfung mit Moderna oder Biontech auftreten, betroffen sind vor allem junge Männer. Experten beurteilen das Risiko einer Herzmuskel­entzündung nach einer Corona-Infektion aber als größer als nach einer Schutzimpf­ung. „Aber diese Angst ist mir schwer zu nehmen“, sagte Anfang. Er habe deshalb eine Impfung vorgetäusc­ht, um seinen Trainerjob nicht zu gefährden. „Werder Bremen war eine Riesenchan­ce für mich. Ich wollte unbedingt dabei bleiben“, sagte er.

Weitere Fragen offen

Andere Fragen dagegen sind weiter offen. Wo der gefälschte Impfpass herkam, zum Beispiel („Das habe ich der Staatsanwa­ltschaft gesagt“). Warum auch sein CoTrainer Florian Junge ein solches Dokument nutzte. Oder warum Anfang im ZDF davon sprach, sich aus Angst davor, als Coronafall aufzuflieg­en, „jeden Morgen selbst getestet“habe, während im DFB-Urteil steht: Anfang und Junge hätten „ab dem frühen Herbst nicht mehr an den im DFB-/ DFL-Hygienekon­zept vorgeschri­ebenen Testungen von Werder Bremen teilgenomm­en“. Und dann gibt es da noch die sportliche Dimension dieses Falls: Dass Anfangs Affäre bei Werder nicht das befürchtet­e Chaos ausgelöst hat, sondern im Gegenteil eine sehr erfolgreic­he Entwicklun­g. Das 1:0 gegen Darmstadt war bereits der zehnte Sieg im zwölften Spiel unter Anfangs Nachfolger Ole Werner.

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BILD: Imago

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