Bei digitalem Unterricht haben Geflüchtete Nase vorn
Wie die Gymnasiallehrer unkompliziert Kinder aus der Ukraine unterrichten wollen
Hannover – Unterricht per Smartphone-App oder Tablet? Für viele geflüchtete Jugendliche oder Lehrkräfte aus der Ukraine kein Problem! „Die sind in Sachen Digitalisierung viel weiter als wir“, sagt Dr. Christoph Rabbow (54), neuer Landesvorsitzender des Philologenverbands. So erhalte ein Geflüchteter über die Internetseite „lms.e-school.net.ua“in der 8. Klasse die gleichen Chemie-Aufgaben wie seine gleichaltrigen Mitschüler.
Rabbow tritt die Nachfolge von Horst Audritz an, der nach 13 Jahren an der Verbandsspitze nicht erneut kandidiert hat. Er habe gern die Chance ergriffen, so der Chemie- und Mathematiklehrer aus Stade, der seit 25 Jahren im Schuldienst tätig ist. Rabbow engagiert sich auch in der Lehrerausbildung. In seiner Amtszeit soll der Nachwuchsmangel ein Schwerpunkt des Gymnasiallehrerverbands werden.
Mehr Lehrer ausbilden
Bis zum Jahr 2030 fehlen bundesweit etwa 80 000 Lehrkräfte, sagt Rabbow. Gehe man von 250 000 geflüchteten Kindern aus der Ukraine aus, würden 10 000 bis 15 000 Lehrer zusätzlich benötigt. Der Philologenverband (PHVN) mit 8000 Mitgliedern an den 260 niedersächsischen Gymnasien fordert mehr Studienplätze an den Unis. Die Referendarausbildung sollte entzerrt und von 18 auf mindestens 21 Monate verlängert werden. Zudem müsse es insbesondere in den MINT-Fächern wie Mathe oder Informatik mehr Seiteneinsteiger geben.
Förderklassen erhalten
Zur Betreuung der Flüchtlingskinder aus der Ukraine müsse es pragmatische Lösungen geben, meint Rabbow. Die Schulen sollten schnell und unbürokratisch auch ukrainische Lehrkräfte beschäftigen können. Das fordert auch der niedersächsische Schulleitungsverband. Der Stellenpool für Schulpsychologen soll nach Rabbows Ansicht ebenso erhalten bleiben wie die Sprachförderklassen. Er gehe nicht davon aus, dass die Geflüchteten schnell wieder in ihre Heimat zurückkehren.
Den Plan der niedersächsischen SPD, alle Schülerinnen und Schüler im Land zukünftig mit einem Tablet auszustatten, kritisiert der PHVN als „bildungspolitische Augenwischerei“. In der Grundschule sollten die Kinder zunächst die Kulturkompetenzen Lesen, Schreiben, Rechnen erwerben. Der Lerninhalt müsse Vorrang vor der Digitalisierung haben. Und zur gesellschaftlichen Teilhabe gehöre, das Breitband in die Fläche zu bringen.