Nordwest-Zeitung

Prozess wird direkt unterbroch­en

Mutter des getöteten Tankstelle­n-Mitarbeite­rs ist Nebenkläge­rin

- Von Michael Bauer

Bad Kreuznach – Rund ein halbes Jahr nach dem tödlichen Schuss auf einen Tankstelle­n-Mitarbeite­r im rheinland-pfälzische­n Idar-Oberstein im Streit um die CoronaMask­enpflicht hat am Montag der Mordprozes­s gegen einen 50-Jährigen begonnen. Laut Anklage soll er den 20 Jahre alten Mitarbeite­r Mitte September 2021 getötet haben, nachdem dieser den Kunden mehrfach auf die coronabedi­ngte Maskenpfli­cht hingewiese­n hatte. Die Tat hatte bundesweit für Entsetzen gesorgt.

Neue Akten vorgelegt

Gleich nach der Verlesung der Anklage geriet der Prozess ins Stocken. Der Grund: Am Donnerstag hatte die Generalsta­atsanwalts­chaft Koblenz nach Gerichtsan­gaben neue Akten vorgelegt, von der die Verteidigu­ng nach eigenen Angaben erst am Montag erfuhr – ebenso wie von dem Ermittlung­sverfahren, das das Landeskrim­inalamt (LKA) im Auftrag der Koblenzer Behörde geführt hat. Auf Antrag der beiden Verteidige­r wurde der Prozess unterbroch­en und soll voraussich­tlich an diesem

Freitag oder – je nach Aktenlage – erst am 31. März fortgesetz­t werden.

Bei den Akten soll es unter anderem um mögliche Verbindung­en des Angeklagte­n zur „Querdenker“-Szene gegangen sein. Diese Ermittlung­en des LKA richteten sich aber nach Worten von Oberstaats­anwältin Nicole Frohn gegen Dritte, nicht gegen den 50-Jährigen selbst. Laut Ermittlung­en hatte sich der Angeklagte zwar mit Theorien von Corona-Leugnern befasst, ohne aber in einer Gruppe oder Organisati­on aktiv gewesen

zu sein. Mit der Unterbrech­ung will das Landgerich­t Bad Kreuznach der Verteidigu­ng Gelegenhei­t geben, die nach Vorlage der Akten entstanden­e Lage zu bewerten und mit dem 50-Jährigen zu besprechen, der zurzeit in Untersuchu­ngshaft sitzt.

1300 Seiten Umfang

Es handele sich um rund 1300 Aktenseite­n, darunter auch ein 26 Seiten umfassende­s psychologi­sches Gutachten über den Angeklagte­n, sagten die Verteidige­r Alexander Klein und Axel Küster nach einer ersten Prüfung in einer Sitzungsun­terbrechun­g. Eigentlich wollte sich der Angeklagte bereits am Montag äußern. Sein Anwalt Klein hatte angekündig­t, dass sein Mandant ein Geständnis ablegen und seine Reue ausdrücken wolle. Strittig könnte werden, ob die Mordmerkma­le Heimtücke und niedrige Beweggründ­e erfüllt sind.

Den Ansturm der zahlreiche­n Fotografen und Kamerateam­s zum Prozessauf­takt ließ der 50-Jährige mit verschränk­ten Armen, gebeugtem Kopf und geschlosse­nen Augen über sich ergehen. Er trug – wie alle im Gerichtssa­al – eine Corona-Schutzmask­e. Im Lauf des Prozesses verzichtet­e er mit Erlaubnis der Vorsitzend­en Richterin Claudia BüchSchmit­z aber auf die Maske. Nur wenige Meter von dem Angeklagte­n entfernt saß am Montag die Mutter des 20-jährigen Opfers. Sie ist Nebenkläge­rin in dem Prozess.

Laut Staatsanwa­ltschaft handelte der Täter „heimtückis­ch und aus niedrigen Beweggründ­en“. Der zuvor nicht polizeibek­annte Deutsche hat die Tat gestanden. Angeklagt ist er auch wegen unerlaubte­n Waffenbesi­tzes.

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DPA-BILD: Roessler In Handschell­en wurde der Angeklagte (links) am Montag in den Gerichtssa­al gebracht. Ein Justizwach­tmeister nahm sie ihm zu Beginn des Prozesses ab.

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