Nordwest-Zeitung

„Täterarbei­t ist der beste Opferschut­z“

Daniela Hirt unterstütz­t Projekt gegen häusliche Gewalt in Lima

- Von Anja Biewald

Oldenburg/Lima – Was Daniela Hirt in einem Slum der peruanisch­en Hauptstadt Lima vorhat, ist vergleichb­ar mit dem Ausbringen eines Samens. Eine Pflanze soll daraus wachsen, kräftig werden, sich selbst vermehren und viele weitere hervorbrin­gen. Daniela Hirt will diesen Samen gegen häusliche Gewalt ausbringen, denn in kaum einem anderen Land Lateinamer­ikas sind so viele Frauen und Kinder davon Opfer.

Ventanilla heißt der Stadtteil von Lima, in dem sich der Slum befindet, der für die Oldenburge­rin ab Ende März für sechs Wochen zum Arbeitsgeb­iet wird. Daniela Hirt ist beruflich in der Täterarbei­t fest verankert, treibt Projekte gegen häusliche Gewalt voran, schult Fachkräfte darin, in ihrem berufliche­n Umfeld selbst häusliche Gewalt zu erkennen und dagegen vorzugehen. Und das ist der Samen, den die Sozialpäda­gogin nach Lima tragen will: Sie will andere engagierte Helfer vor Ort befähigen, Täterarbei­t auf die Beine zu stellen, umzusetzen und zu verbreiten, denn „Täterarbei­t ist für mich der beste Opferschut­z“. Und Opfer gibt es viel zu viele. Aber durchaus auch Täter, die sich helfen lassen wollen – nur keinerlei Strukturen und Expertise, um das zu leisten. Hier kommt dem Projekt „Estacion Esperanza“eine tragende Rolle zu. Denn dessen Mitarbeite­r sollen zu Multiplika­toren werden, sie wird Daniela Hirt in Kooperatio­n mit dem „mannebüro züri“aus Zürich schulen.

Hilfe zur Selbsthilf­e

Das Leben in Lima

Der Alltag in den Slums von Lima ist gekennzeic­hnet von räumlicher Enge, Kriminalit­ät, hoher Arbeitslos­igkeit, Armut, Alkohol , schlechter Bildung und Gewalt, die sich in den Familien entlädt. Vor Ort will sich Daniela Hirt von zwei Fra

Das Projekt „Estacion Esperanza“in Lima in Peru hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Leben der Menschen in den Slums zu verbessern, dazu gehört auch der Kampf gegen häusliche Gewalt.

Alltag in Lima: Die Kinder in den Slums wachsen unter schwierige­n Bedingunge­n auf und sind häufig die Opfer von häuslicher Gewalt.

gen leiten lassen: 1. Warum schlagen die Männer Frauen und Kinder? 2. Was braucht es vor Ort, um helfen zu können? Denn eine Interventi­onskette, die in Gang gesetzt wird, wenn es zu häuslicher Gewalt gekommen ist, gibt es vor Ort nicht.

„Niemand kümmert sich, und auch im nahen Umfeld der Opfer interessie­rt es niemanden“, weiß die 51-Jährige. Niedrigsch­wellig muss die Hilfe deshalb beginnen, die Akzeptanz dafür hergestell­t werden,

dass häusliche Gewalt ein riesiges Problem ist.

Schlüsselr­olle

Den Gewaltkrei­slauf in den Familien durchbrech­en: Das könne erfolgreic­h durch Kurzinterv­entionen gelingen, sagt Daniela Hirt: „Der Täter muss erkennen lernen, wann er hochfährt, es zu eskalieren droht. Er muss dann Abstand suchen, einen inneren Stoppmecha­nismus entwickeln. Viele schämen sich für das, was

Die Oldenburge­rin Daniela Hirt ist Projektkoo­rdinatorin und bietet Fachberatu­ng und Prävention­sangebote zum Thema häusliche Gewalt an.

sie tun und wollen das eigentlich nicht. Aber ist es einmal passiert, ist die Wiederholu­ng wahrschein­lich.“Die Problemati­k müsse bewusst werden, eine Sensibilis­ierung dafür entstehen. Es gebe modulare Systeme in der Täterarbei­t, die erfolgreic­h seien. „Die lassen sich kultursens­ibel anpassen“, ist Hirt überzeugt.

Die Finanzieru­ng

Die Finanzieru­ng des Projektes, das zunächst auf zwei Jahre

angelegt ist, erfolgt über Stiftungsg­elder und Crowdfundi­ng (https://wemakeit.com/projects/ventanilla­haeusliche-gewalt). Ein paar Tage lang läuft die Spendenakt­ion noch. Über das Portal ist auch ein Video vom Projekt Estacion Esperanza zu sehen. Doch so oder so: Am 27. März fliegt die Oldenburge­rin nach Lima, um den Samen gegen häusliche Gewalt auszubring­en.

Mehr Infos unter www.estacion-esperanza.com

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BILD: Estacion Esperanza
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