Becker plädiert auf komplett unschuldig
Ex-Tennisstar seit Montag in London auf der Anklagebank
London – Endspiel für Boris Becker: In London hat am Montag der Strafprozess gegen den früheren Tennisstar begonnen. Er muss sich dort wegen Verschleierung von Vermögen während seiner Insolvenz verantworten. Die Konzentration war Becker anzumerken, als am ersten Prozesstag im Southwark Crown Court die Anklageschrift gegen ihn verlesen wurde. Aufrecht stand der 54-jährige Leimener in seinem Glaskasten inmitten des Gerichtssaals. Vor der Scheibe saßen jene, von denen Beckers Zukunft abhängt: die Richterin und die Anwälte, an der Seite die Geschworenen. Hinter dem früheren Tennisstar hatte sich gut ein Dutzend Journalisten auf den Zuschauerrängen versammelt.
„The Queen v Boris Franz Becker“(Die Queen gegen Boris Franz Becker) – so steht es über der Zusammenfassung der Anklageschrift. Als Staats
oberhaupt steht die Queen stellvertretend für den britischen Staat. In dem siebenseitigen Dokument sind 24 Punkte aufgelistet, die für Becker den Unterschied zwischen Freiheit und Gefängnis ausmachen. Theoretisch könnten ihm bei einer Verurteilung bis zu sieben Jahre Haft drohen.
Gelder in Millionenhöhe
„Herr Becker hat sich hinsichtlich einer Reihe von Vermögensbestandteilen unaufrichtig verhalten“, sagte die Staatsanwältin. Es geht um Gelder in Millionenhöhe, die auf andere Konten überwiesen wurden, nicht angegebene Immobilien, Aktien und Trophäen, die der Anklage zufolge dem Zugriff des Insolvenzverwalters entzogen wurden. Beispielsweise den Pokal aus seinem Sieg bei den Australian Open 1996. Becker streitet die Vorwürfe ab, plädierte in allen Punkten auf unschuldig.
Zum Prozessauftakt war der Wahl-Londoner mit seiner Partnerin erschienen. Einen Promi-Bonus gibt es für den dreimaligen Wimbledon-Sieger nicht. „Lassen Sie sie nicht von der Prominenz des Angeklagten ablenken“, wies die Richterin die Geschworenen an. In England ist Becker bekannt und beliebt, seit Jahren als Wimbledon-Kommentator ein häufig gesehenes Gesicht im BBC-Fernsehen.
„Ich hoffe, dass die Richterin und die zwölf Geschworenen ein gerechtes Urteil fällen“, hatte Becker zuletzt der „Bild am Sonntag“gesagt. Er glaube „grundsätzlich immer an das Gute und an die englische Gerichtsbarkeit.“
Wichtiger Zeuge krank
Für den Prozess sind bis zu drei Wochen angesetzt. Unklar war zunächst, ob er wie geplant ablaufen kann. Hintergrund ist, dass der wichtigste Zeuge der Anklage, Insolvenzverwalter Mark Ford, an Covid19 erkrankt ist. Die Verteidigung plädierte dafür, den Plan beizubehalten, da nicht klar sei, wie lange es dauern werde, bis Ford vor Gericht auftreten könne. Das Verfahren wurde zunächst mit Ausführungen der Staatsanwaltschaft fortgesetzt. Becker war 2017 von einem Gericht in London für zahlungsunfähig erklärt worden. Obwohl eine Privatinsolvenz in England in der Regel innerhalb von zwölf Monaten abgeschlossen werden kann, dauert das Verfahren seitdem an. Mehrere Auflagen gegen Becker wurden auf eine Dauer von zwölf Jahren verlängert.