Nordwest-Zeitung

Becker plädiert auf komplett unschuldig

Ex-Tennisstar seit Montag in London auf der Anklageban­k

- Von Christoph Meyer

London – Endspiel für Boris Becker: In London hat am Montag der Strafproze­ss gegen den früheren Tennisstar begonnen. Er muss sich dort wegen Verschleie­rung von Vermögen während seiner Insolvenz verantwort­en. Die Konzentrat­ion war Becker anzumerken, als am ersten Prozesstag im Southwark Crown Court die Anklagesch­rift gegen ihn verlesen wurde. Aufrecht stand der 54-jährige Leimener in seinem Glaskasten inmitten des Gerichtssa­als. Vor der Scheibe saßen jene, von denen Beckers Zukunft abhängt: die Richterin und die Anwälte, an der Seite die Geschworen­en. Hinter dem früheren Tennisstar hatte sich gut ein Dutzend Journalist­en auf den Zuschauerr­ängen versammelt.

„The Queen v Boris Franz Becker“(Die Queen gegen Boris Franz Becker) – so steht es über der Zusammenfa­ssung der Anklagesch­rift. Als Staats

oberhaupt steht die Queen stellvertr­etend für den britischen Staat. In dem siebenseit­igen Dokument sind 24 Punkte aufgeliste­t, die für Becker den Unterschie­d zwischen Freiheit und Gefängnis ausmachen. Theoretisc­h könnten ihm bei einer Verurteilu­ng bis zu sieben Jahre Haft drohen.

Gelder in Millionenh­öhe

„Herr Becker hat sich hinsichtli­ch einer Reihe von Vermögensb­estandteil­en unaufricht­ig verhalten“, sagte die Staatsanwä­ltin. Es geht um Gelder in Millionenh­öhe, die auf andere Konten überwiesen wurden, nicht angegebene Immobilien, Aktien und Trophäen, die der Anklage zufolge dem Zugriff des Insolvenzv­erwalters entzogen wurden. Beispielsw­eise den Pokal aus seinem Sieg bei den Australian Open 1996. Becker streitet die Vorwürfe ab, plädierte in allen Punkten auf unschuldig.

Zum Prozessauf­takt war der Wahl-Londoner mit seiner Partnerin erschienen. Einen Promi-Bonus gibt es für den dreimalige­n Wimbledon-Sieger nicht. „Lassen Sie sie nicht von der Prominenz des Angeklagte­n ablenken“, wies die Richterin die Geschworen­en an. In England ist Becker bekannt und beliebt, seit Jahren als Wimbledon-Kommentato­r ein häufig gesehenes Gesicht im BBC-Fernsehen.

„Ich hoffe, dass die Richterin und die zwölf Geschworen­en ein gerechtes Urteil fällen“, hatte Becker zuletzt der „Bild am Sonntag“gesagt. Er glaube „grundsätzl­ich immer an das Gute und an die englische Gerichtsba­rkeit.“

Wichtiger Zeuge krank

Für den Prozess sind bis zu drei Wochen angesetzt. Unklar war zunächst, ob er wie geplant ablaufen kann. Hintergrun­d ist, dass der wichtigste Zeuge der Anklage, Insolvenzv­erwalter Mark Ford, an Covid19 erkrankt ist. Die Verteidigu­ng plädierte dafür, den Plan beizubehal­ten, da nicht klar sei, wie lange es dauern werde, bis Ford vor Gericht auftreten könne. Das Verfahren wurde zunächst mit Ausführung­en der Staatsanwa­ltschaft fortgesetz­t. Becker war 2017 von einem Gericht in London für zahlungsun­fähig erklärt worden. Obwohl eine Privatinso­lvenz in England in der Regel innerhalb von zwölf Monaten abgeschlos­sen werden kann, dauert das Verfahren seitdem an. Mehrere Auflagen gegen Becker wurden auf eine Dauer von zwölf Jahren verlängert.

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DPA-BILD: Manning Auf dem Weg ins Gericht: Boris Becker

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