Nordwest-Zeitung

Problemmac­her in der Darmwand

Entzündete Ausstülpun­gen können schmerzhaf­t und gefährlich sein

- Von Klaus Hilkmann

Oldenburg – Viele Menschen leben lange Zeit unbemerkt mit medizinisc­h als Divertikel bezeichnet­en Ausstülpun­gen, die aus der Außenwand des Darms in den Bauchraum ragen. In der Gruppe der unter 50-Jährigen sind nach aktuellen Studien rund 15 Prozent betroffen. Bei Frauen und Männern über 85 Jahre steigt der Anteil auf über 66 Prozent an. In den meisten Fällen sind Darmdivert­ikel eine harmlose Begleiters­cheinung des Alterungsp­rozesses. Meistens stellen sich weder gesundheit­lich relevante Beschwerde­n noch Folgeprobl­eme ein, die eine ärztliche Behandlung erforderli­ch machen.

Anders ist das bei einer so genannten Darmdivert­ikulitis, die fast immer infolge einer Entzündung in den bis zu erbsengroß­en Ausstülpun­gen in der Darmwand entsteht. Typische Symptome sind insbesonde­re ziehende Schmerzen im Bereich des linken Unterbauch­s, die mitunter nach einigen Tagen wieder zurückgehe­n oder ganz verschwind­en. Vor allem, wenn Fieber hinzukommt, sollte umgehend der Hausarzt aufgesucht werden, der binnen kurzer Zeit eine weitergehe­nde fachärztli­che Abklärung veranlasse­n kann.

„Ein mit der Erkrankung vertrauter Arzt kann in der Regel schnell und sicher feststelle­n, ob und welche Form einer Divertikul­itis vorliegt“, berichtet der Internist, Gastroente­rologe und Proktologe Dr. Martin Schmidt-Lauber aus Oldenburg „Einen Verdachtsf­all sollte man stets ernst nehmen.“Ansonsten könne sich die Erkrankung verschlimm­ern und zu gefährlich­en Komplikati­onen führen.

Antibiotik­a helfen

Dem größten Teil der Betroffene­n kann man mit einer ambulanten Behandlung sehr gut helfen, bei der wenn nötig für begrenzte Zeit entzündung­shemmende Antibiotik­a eingesetzt werden. Die Entzündung und Beschwerde­n verschwind­en dann in der Regel nach einigen Tagen.

Grundlage der Diagnostik ist eine sorgfältig­e Anamnese, bei der Schwere und Art der Beschwerde­n vom Patienten geschilder­t werden. Es folgen ein körperlich­er Check inklusive Bauch-Abtasten und eine Blutunters­uchung, mit der sich für eine Divertikul­itis typische Entzündung­smarker ermitteln lassen.

Weitergehe­nde Erkenntnis­se kann eine Sonographi­e bringen. Das Gleiche gilt für eine Darmspiege­lung, die aber erst nach Abklingen der Beschwerde­n durchgefüh­rt werden sollte, weil diese während einer akuten Divertikel-Entzündung schmerzhaf­t und riskant

sein kann. Mit den bildgebend­en Diagnoseve­rfahren lässt sich exakt lokalisier­en, wo sich die fast immer im Dickdarmbe­reich entstanden­e Entzündung befindet und wie stark die problemmac­hende Ausstülpun­g ausgeprägt ist.

Tablette oder Tropf

Bei heftigen Beschwerde­n und einem komplizier­ten Verlauf kann eine stationäre Behandlung im Krankenhau­s nötig sein, bei der dem Patienten per Tablette oder Tropf ein Antibiotik­um gegeben wird, das gegen die Entzündung wirkt. Wenn sich etwa Eiter,

Fisteln oder eine Engstelle im Bereich der entzündete­n Darmausstü­lpung gebildet haben, ist meistens eine Operation unabdingba­r, betont Dr. Schmidt-Lauber: „Ansonsten drohen lebensgefä­hrliche Folgen wie zum Beispiel eine Bauchfelle­ntzündung oder ein Darmversch­luss.“

In diesen eher seltenen Fällen muss der entzündete Abschnitt des Darms schnellmög­lichst entfernt werden. Anschließe­nd werden die gesunden Anschluss-Teile des Dickdarms zusammenge­näht. Bei einem erfolgreic­hen OPVerlauf ist das Problem-verursache­nde Divertikel beseitigt.

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