Nordwest-Zeitung

Keine Lust auf Wechsel

- Von Ulrich Schönborn

Dass Daniel Günther mit der CDU in Schleswig-Holstein das Rennen macht, war absehbar. Die Deutlichke­it seines Wahlsieges hat aber selbst die eigenen Mitstreite­r überrascht. Weniger überrasche­nd ist das schmerzhaf­te Scheitern der SPD, die nun auch ganz im Norden ihren Status der Volksparte­i einbüßt.

Sowohl der klare Sieg von Günther als auch die herbe Niederlage seines SPD-Herausford­erers Thomas Losse-Müller sind zunächst im Land und nur zweitrangi­g in der Bundespoli­tik zu suchen. Daniel Günther hat als amtierende­r Ministerpr­äsident kaum Fehler gemacht, hat die Jamaika-Koalition souverän geführt und den Menschen jenes Gefühl von Stabilität und Sicherheit gegeben, dass sich auch in Zufriedenh­eitsumfrag­en niederschl­ägt: In Schleswig-Holstein leben bekanntlic­h die glücklichs­ten Deutschen.

Losse-Müller blieb dagegen blass. Zur vorbeugend­en Selbstvert­eidigung wies er zuletzt immer wieder darauf hin, wie sehr der Wahlkampf vom Ukraine-Krieg überschatt­et sei. Er hätte aber auch ohne diese extrem schwierige weltpoliti­sche Lage keine Chance gehabt. Es gab im Land schlicht keine Wechselsti­mmung und keinen starken Herausford­erer.

Allerdings kann Günther die Karten trotzdem neu mischen. Die spannende Frage ist, ob er das Dreierbünd­nis fortsetzt. Ihm stehen alle Optionen offen. Zwar haben die Grünen mehr Rückenwind vom Wähler bekommen als die FDP. Letztere ist der CDU aber näher.

Um seine Partner nicht zu brüskieren, hat Günther im Wahlkampf immer die Fortsetzun­g von Jamaika als Ziel ausgegeben. Und hier kommt nun doch die Weltpoliti­k ins Spiel: Ob es bei Schwarz-Grün-Gelb bleibt oder ob es ein Zweierbünd­nis wird, hängt sicherlich stark davon ab, mit welchem Partner die CDU die immensen Herausford­erungen und Neuordnung­en in der Energie- und Wirtschaft­spolitik als Folge des Ukraine-Krieges am besten bewältigen kann.

@ Den Autor erreichen Sie unter Schoenborn@infoautor.de

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