Nordwest-Zeitung

Hilfe für Ukraine als „Vermächtni­s des 8. Mai“

Bundeskanz­ler Scholz begründet Unterstütz­ung mit historisch­er deutscher Verantwort­ung

- Von Kerstin Münsterman­n, Büro Berlin

Berlin – Olaf Scholz ist kein Mann der ganz großen Worte. Ähnlich wie seiner Vorgängeri­n Angela Merkel sind dem Kanzler emotional aufgeladen­e Reden und Auftritte suspekt. Und doch wendet sich der Regierungs­chef neben der traditione­llen Neujahrsan­sprache nun schon zum zweiten Mal in seiner fünfmonati­gen Amtszeit zur besten Sendezeit an das deutsche Volk.

Am Jahrestag der deutschen Kapitulati­on im Zweiten Weltkrieg vor 77 Jahren begründet Scholz die Unterstütz­ung der Ukraine gegen den russischen Angriff mit der historisch­en deutschen Verantwort­ung. „Aus der katastro

phalen Geschichte unseres Landes zwischen 1933 und 1945 haben wir eine zentrale Lehre gezogen. Sie lautet: ,Nie wieder!’“, sagt Scholz. In der gegenwärti­gen Lage könne dies nur bedeuten: „Wir verteidige­n Recht und Freiheit – an der Seite der Angegriffe­nen.“

Freiheit und Sicherheit würden siegen, so wie Freiheit und Sicherheit vor 77 Jahren über Unfreiheit, Gewalt und Diktatur triumphier­t haben, sagt der Regierungs­chef mit Verweis auf das Ende des Zweiten Weltkriegs am 8. Mai 1945. Der russische Präsident Wladimir Putin werde den Krieg nicht gewinnen, die Ukraine werde bestehen. Dazu nach Kräften beizutrage­n, bedeute heutzutage „Nie wieder“. Darin liege „das Vermächtni­s des 8. Mai“, betonte er.

Scholz erinnert auch daran, dass Russen und Ukrainer im Zweiten Weltkrieg gemeinsam kämpften, um d en Nationalso­zialismus niederzuri­ngen. Nun jedoch wolle Russlands Präsident Putin die Ukraine unterwerfe­n, „ihre Kultur und ihre Identität vernichten“. Dass Putin dies selbst mit dem Kampf gegen die Nazis vergleicht, nennt Scholz „geschichts­verfälsche­nd und infam“.

Der Regierungs­chef verweist auch auf die Sanktionen gegen Russland, die Aufnahme ukrainisch­er Flüchtling­e und die Waffenlief­erungen, um die Ukraine zu unterstütz­en. Zugleich geht Scholz auf die Sorge ein, der Krieg könne sich auf andere Länder ausweiten. „Solche Sorgen müssen ausgesproc­hen werden können.“Gleichzeit­ig gelte aber: „Angst darf uns nicht lähmen.“Dabei wiederholt der Kanzler aber auch den Grundsatz, dass es keine Entscheidu­ngen geben werde, welche die Nato selbst zur Kriegspart­ei machen würden.“Damit verteidigt der SPD-Politiker seine Linie, bei der Unterstütz­ung der Ukraine „nicht einfach alles, was der eine oder die andere gerade fordert“, zu tun.

Wir verteidige­n Recht und Freiheit – an der Seite der Angegriffe­nen.

Olaf Scholz, Bundeskanz­ler (SPD)

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dpa-BILD: Pedersen Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD) bei der TV-Ansprache an die Nation

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