Nordwest-Zeitung

Grauer Schleier über der Spargelsai­son

Ukraine-Krieg wirkt sich auf Arbeitskrä­fte beim Hof Wempe in Ganderkese­e aus

- Von Christin Hufer

Neu-Holzkamp – Holprig ist die diesjährig­e Spargelsai­son auf dem Hof Wempe in Ganderkese­e gestartet. Gelegen hat das nicht zuletzt daran, dass Inhaberin Liane Wempe einen Tag vor Verkaufsst­art von der Leiter gestürzt ist. Zwar ging bereits Ostersamst­ag der erste Spargel über den Verkaufstr­esen, die Folgen des UkraineKri­eges sind aber auch auf dem Hof zu spüren.

Kriegsfolg­en spürbar

Eigentlich ist die Betreiberi­n des Hofes erleichter­t, dass die Saison vor allem in den letzten Tagen Fahrt aufgenomme­n hat. „Ich würde sagen, dass das Geschäft seit letztem Wochenende richtig angelaufen ist“, sagt Wempe. Dennoch hat sich in diesem Jahr ein grauer Schleier über den Hof gelegt. „Innerlich spüre ich durchgehen­d ein Druckgefüh­l“, sagt sie. Bedingt sei das dadurch, dass sie bei ihren Mitarbeite­rn derzeit die Auswirkung­en des Ukraine-Krieges deutlich spüre. „Bei meinen Mitarbeite­rn aus Polen merke ich besonders, dass sie ängstlich sind und es ihnen schwerfäll­t, ihre Familie allein zu lassen“, sagt sie. Bei den rumänische­n Mitarbeite­rn, die vor allem in der Erdbeer-Ernte arbeiten, stellt sie fest, dass diese mit einem besonderen Engagement und hoch motiviert an die Arbeit gehen: „Sie wollen unbedingt Geld verdienen.“Denn in Rumänien seien die Lebenshalt­ungskosten aufgrund der dramatisch­en Lage in der Ukraine enorm angestiege­n, erklärt die Landwirtin.

■ Innerliche­r Zwiespalt

Auch wenn die Spargelsai­son aktuell auf den Höhepunkt zusteuert, dauert es bis zur Erdbeersai­son noch mindestens vier Wochen. „Meine rumänische­n Mitarbeite­r wollen aber schon jetzt anreisen“, sagt Wempe betrübt, „aber die Arbeit ist eben noch nicht da.“Sie bekommt täglich Nachrichte­n von ihren Mitarbeite­rn, die ihr berichten, dass das Geld fehle, um die Familie zu versorgen. Wempe trifft das sehr. „Ich kenne sie teilweise schon seit zwölf Jahren und wenn sie mir Bilder von ihren Kindern schicken, habe ich einen Kloß im Hals. Ich bin ja selbst Mutter“, sagt sie. In ihr löst das einen großen Zwiespalt

aus. Denn den wirtschaft­lichen Aspekt nicht aus den Augen zu verlieren, sei gerade in den letzten Jahren wichtig geworden, erklärt sie.

■ Umdenken

Die vergangene­n Jahre haben Wempe und ihrem Mann gezeigt, dass sie umdenken müssen. Sie kamen zu dem Entschluss, den Hof zu verkleiner­n. Während sie 2019 noch 180 Beschäftig­te hatten, waren es 2020 bis 2022 nur noch 60 bis 65.

„Wir haben einfach gemerkt, dass wir was ändern müssen“, sagt sie. Denn riesige

Mengen – vor allem bei Erdbeeren sei es der Fall gewesen – die an Großmärkte verkauft worden sind, hätten kaum Gewinn abgeworfen. „Wenn uns die Kiste für sechs Euro abgenommen wird, bleibt nichts mehr übrig“, sagt Liane Wempe.

Sich verkleiner­t zu haben, bereut die Landwirtin nicht. Mit weniger Arbeit sei, so sagt sie, nicht nur für sie und ihren Mann ein Stück Lebensqual­ität zurückgeko­mmen. „Unseren Mitarbeite­rn können wir jetzt eine viel komfortabl­ere Unterkunft bieten.“So haben sie die Unterkunft mit neuen Küchen, neuem Mobiliar und dicken Matratzen ausgestatt­et. Wempe: „Ich sage mir immer, wer auf dem Feld Spargel sticht, der kann nicht nur auf einer dünnen Matratze schlafen.“

Aber nicht nur an ihre Mitarbeite­r denkt Wempe. Ihr ist es wichtig zu betonen, dass nicht nur Klasse-Eins-Spargel mit einem Kilopreis von rund 11 Euro angeboten wird. „Uns ist es sehr wichtig, dass sich alle soziale Schichten unseren Spargel leisten können.“Deshalb sind auch immer günstigere Klassen im Angebot. Wempe: „Egal, wer zu uns auf den Hof kommt, wird immer etwas finden.“

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BILD: Hufer Bietet Spargel und Erdbeeren an: Liane Wempe

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