Grauer Schleier über der Spargelsaison
Ukraine-Krieg wirkt sich auf Arbeitskräfte beim Hof Wempe in Ganderkesee aus
Neu-Holzkamp – Holprig ist die diesjährige Spargelsaison auf dem Hof Wempe in Ganderkesee gestartet. Gelegen hat das nicht zuletzt daran, dass Inhaberin Liane Wempe einen Tag vor Verkaufsstart von der Leiter gestürzt ist. Zwar ging bereits Ostersamstag der erste Spargel über den Verkaufstresen, die Folgen des UkraineKrieges sind aber auch auf dem Hof zu spüren.
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Kriegsfolgen spürbar
Eigentlich ist die Betreiberin des Hofes erleichtert, dass die Saison vor allem in den letzten Tagen Fahrt aufgenommen hat. „Ich würde sagen, dass das Geschäft seit letztem Wochenende richtig angelaufen ist“, sagt Wempe. Dennoch hat sich in diesem Jahr ein grauer Schleier über den Hof gelegt. „Innerlich spüre ich durchgehend ein Druckgefühl“, sagt sie. Bedingt sei das dadurch, dass sie bei ihren Mitarbeitern derzeit die Auswirkungen des Ukraine-Krieges deutlich spüre. „Bei meinen Mitarbeitern aus Polen merke ich besonders, dass sie ängstlich sind und es ihnen schwerfällt, ihre Familie allein zu lassen“, sagt sie. Bei den rumänischen Mitarbeitern, die vor allem in der Erdbeer-Ernte arbeiten, stellt sie fest, dass diese mit einem besonderen Engagement und hoch motiviert an die Arbeit gehen: „Sie wollen unbedingt Geld verdienen.“Denn in Rumänien seien die Lebenshaltungskosten aufgrund der dramatischen Lage in der Ukraine enorm angestiegen, erklärt die Landwirtin.
■ Innerlicher Zwiespalt
Auch wenn die Spargelsaison aktuell auf den Höhepunkt zusteuert, dauert es bis zur Erdbeersaison noch mindestens vier Wochen. „Meine rumänischen Mitarbeiter wollen aber schon jetzt anreisen“, sagt Wempe betrübt, „aber die Arbeit ist eben noch nicht da.“Sie bekommt täglich Nachrichten von ihren Mitarbeitern, die ihr berichten, dass das Geld fehle, um die Familie zu versorgen. Wempe trifft das sehr. „Ich kenne sie teilweise schon seit zwölf Jahren und wenn sie mir Bilder von ihren Kindern schicken, habe ich einen Kloß im Hals. Ich bin ja selbst Mutter“, sagt sie. In ihr löst das einen großen Zwiespalt
aus. Denn den wirtschaftlichen Aspekt nicht aus den Augen zu verlieren, sei gerade in den letzten Jahren wichtig geworden, erklärt sie.
■ Umdenken
Die vergangenen Jahre haben Wempe und ihrem Mann gezeigt, dass sie umdenken müssen. Sie kamen zu dem Entschluss, den Hof zu verkleinern. Während sie 2019 noch 180 Beschäftigte hatten, waren es 2020 bis 2022 nur noch 60 bis 65.
„Wir haben einfach gemerkt, dass wir was ändern müssen“, sagt sie. Denn riesige
Mengen – vor allem bei Erdbeeren sei es der Fall gewesen – die an Großmärkte verkauft worden sind, hätten kaum Gewinn abgeworfen. „Wenn uns die Kiste für sechs Euro abgenommen wird, bleibt nichts mehr übrig“, sagt Liane Wempe.
Sich verkleinert zu haben, bereut die Landwirtin nicht. Mit weniger Arbeit sei, so sagt sie, nicht nur für sie und ihren Mann ein Stück Lebensqualität zurückgekommen. „Unseren Mitarbeitern können wir jetzt eine viel komfortablere Unterkunft bieten.“So haben sie die Unterkunft mit neuen Küchen, neuem Mobiliar und dicken Matratzen ausgestattet. Wempe: „Ich sage mir immer, wer auf dem Feld Spargel sticht, der kann nicht nur auf einer dünnen Matratze schlafen.“
Aber nicht nur an ihre Mitarbeiter denkt Wempe. Ihr ist es wichtig zu betonen, dass nicht nur Klasse-Eins-Spargel mit einem Kilopreis von rund 11 Euro angeboten wird. „Uns ist es sehr wichtig, dass sich alle soziale Schichten unseren Spargel leisten können.“Deshalb sind auch immer günstigere Klassen im Angebot. Wempe: „Egal, wer zu uns auf den Hof kommt, wird immer etwas finden.“