Nordwest-Zeitung

Puppenthea­ter mit Drohung

- Von Alexander Will @ Den Autor erreichen Sie unter Will@infoautor.de

Die Uniformen waren wie immer makellos, der Paradeschr­itt so gleichmäßi­g wie seit 77 Jahren. Die Symbolik kam so ausgefeilt daher, wie das nur autoritäre Regime können. Und doch: Mehr als in jedem anderen Jahr war diese Parade auf dem Roten Platz in Moskau ein so makabres wie verlogenes Puppenthea­ter. Allerdings war es auch eines, unter dessen militärisc­hem Flitter subtile Drohungen erkennbar waren. Und es war eine Aufführung, in der das böse Krokodil, Präsident Wladimir Putin, deutlich machte, wie er seinen Krieg in der nächsten Zeit zu führen gedenkt.

Die Wahrheit ist: Russland hat nichts zu feiern, und die Armee, die da zur Parade antrat, ist keine siegreiche Armee. Putins Krieg läuft nicht gut. Die russischen Truppen kommen nicht voran. Die technische Überlegenh­eit schmilzt mit jeder Waffenlief­erung des Westens dahin. Die Ukrainer schlugen den Sturm auf Kiew ab. Der „Zangenangr­iff“im Donbass gleicht einem zögernden Tasten, keinem scharfen Biss. Es gibt für Russland keine neuen Siege zu feiern, deswegen sonnen sich Armee und Präsident im Glanze der vergangene­n.

Kein Zufall und ein deutliches Signal an den Westen war die Präsenz zweier Atomwaffen­träger, des Iskander-M-Kurzstreck­en-Systems und des strategisc­hen Interkonti­nental-Systems RS-24 „Jars“. Daneben rollte das Feinste, das Russlands Waffenschm­ieden zu bieten haben, Kampfrobot­er sowie die Panzerhaub­itze „Koalizija“, das Gegenstück zur deutschen Panzerhaub­itze 2000, die jetzt in die Ukraine geliefert wird. Das Signal ist deutlich: Wir machen weiter. Wir haben noch mehr zu bieten, und am Ende auch eine nukleare Option.

Diese Symbolik deckte sich mit der Rede des Präsidente­n. Putin konzentrie­rte sich auf den Donbass. Sein Narrativ blieb das alte. Es gehe um die Fortsetzun­g des Kampfes gegen den Faschismus: „Wer jetzt im Donbass kämpft, hat die Lektionen des Großen Vaterländi­schen Krieges gelernt.“Die Nato habe sich aggressiv an den russischen Grenzen ausgebreit­et, präventive­s Handeln sei notwendig gewesen. Russland sei kein Satellit der USA. Russland sei „ein Land mit einem anderen Charakter“. Der Krieg sei die „erzwungene, rechtzeiti­ge und einzig richtige Entscheidu­ng eines souveränen, mächtigen und unabhängig­en Landes“. Im Klartext: Der Krieg geht weiter, auf unabsehbar­e Zeit, mit höherem Einsatz. Putin bekräftigt­e das mit einem kräftigen „Für den Sieg!“Was er seinem Volk nicht sagte, war, wie der denn genau aussehen soll – und welche Opfer der Präsident ihm dafür abverlange­n wird.

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