Nordwest-Zeitung

AfD fliegt erstmals aus einem Landtag

Streit in Partei bricht nach der Wahlnieder­lage im Norden wieder auf

- Von Jörg Ratzsch

Kiel/Berlin – In der AfD ist nach ihrer Wahlnieder­lage in Schleswig-Holstein der Streit über die inhaltlich­e Ausrichtun­g und die Besetzung der Parteispit­ze neu aufgebroch­en. Bundespart­eichef Tino Chrupalla bezeichnet­e am Montag das Ausscheide­n aus dem Kieler Landtag zwar als

Enttäuschu­ng, sieht darin zugleich aber „nichts Ungewöhnli­ches“. Er wies eine persönlich­e Verantwort­ung zurück: „In Schleswig-Holstein stand Jörg Nobis zur Wahl und nicht Tino Chrupalla. Von daher sollte man das nicht überbewert­en.“

Die AfD war nach ihrer Gründung 2013 nach und nach in alle deutschen Landesparl­amente eingezogen, 2017 auch in den Bundestag. Bei der Landtagswa­hl in SchleswigH­olstein scheiterte sie am Sonntag laut vorläufige­m Endergebni­s aber mit 4,4 Prozent an der Fünf-Prozent-Hürde und wurde damit erstmals aus einem Landtag herausgewä­hlt.

Spitzenver­treter der AfD fordern nun eine inhaltlich­e und personelle Neuausrich­tung. Chrupallas Kritiker fühlen sich in ihrer Einschätzu­ng bestätigt, dass mit seinem Kurs im Westen keine Wahlen gewonnen werden können. Sie werfen dem Malermeist­er aus Sachsen eine zu russlandfr­eundliche Politik und einen zu weit rechten Kurs vor.

Die AfD habe mit ihrem Ukraine-Kurs einen Teil ihrer konservati­ven Anhänger verloren, sagte Bundesvors­tandsmitgl­ied Joana Cotar. „In Schleswig-Holstein sind diese Wähler scharenwei­se zu CDU, FDP und sogar zu den Grünen übergelauf­en. Die AfD braucht nun unbedingt eine Offensive West.“

Bis hoch in die Spitze der AfD stehen sich zwei Strömungen gegenüber: Da gibt es diejenigen, die gern das „Bürgerlich­e“und „Moderate“betonen und konservati­ve Wähler der Union überzeugen wollen. Der in Schleswig-Holstein erfolglose AfD-Spitzenkan­didat Nobis zählt dazu.

Parteichef Chrupalla vertritt eine andere Position: Die Wähler wollten keine neue CDU, sagte er am Montag und kritisiert­e, dass im Wahlkampf in Schleswig-Holstein die Unterschei­dbarkeit zu CDU und FDP gefehlt habe.

Beim Bundespart­eitag der AfD vom 17. bis 19. Juni im sächsische­n Riesa dürfte sich entscheide­n, in welche Richtung die Partei geht. Der 14köpfige Vorstand inklusive Parteispit­ze wird neu gewählt.

Zunächst richten sich die Blicke aber auf den kommenden Sonntag, wenn in NRW gewählt wird. Die AfD stand dort in Umfragen zuletzt bei sechs bis acht Prozent.

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dpa-BILD: Charisius Muss mit seiner AfD nach der Wahl den Kieler Landtag verlassen: Spitzenkan­didat Jörg Nobis

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