Nordwest-Zeitung

Wenn Meetings nur Zeit fressen

Trend zu ständigen Besprechun­gen kann der Motivation schaden

- Von Carsten Hoefer

München/Hamburg – Manager und Mitarbeite­r verbringen einen steigenden Teil ihrer Arbeitszei­t in Besprechun­gen – mit potenziell schädliche­n Folgen für Unternehme­n und Motivation der Belegschaf­t.

Mehr Videokonfe­renzen

„Die Frequenz von Meetings hat in den letzten Jahren stetig zugenommen, auch als Folge der zunehmende­n organisati­onalen Komplexitä­t“, sagt Nale Lehmann-Willenbroc­k, Professori­n für Arbeitsund Organisati­onspsychol­ogie an der Uni Hamburg. In der Pandemie habe durch die vermehrte Arbeit im Homeoffice besonders die Anzahl kürzerer Meetings und Eins-zuEins-Meetings zugenommen.

„Es gibt ein paar Trends, die dazu geführt haben, dass Meetings während der Corona-Krise ineffizien­t wurden“, sagt Philipp Kolo, Personalex­perte bei der Unternehme­nsberatung Boston Consulting Group (BCG). „Mehr Leute in einem Meeting zuzuschalt­en, ist in einer Videokonfe­renz sehr einfach. Das hat Vorteile, es bedarf aber auch einer sehr viel höheren Stringenz im Meetingman­agement.“Häufige Klagen: zu viele Teilnehmer, überflüssi­ge Wortmeldun­gen, mangelnde Struktur.

„Es gibt Führungskr­äfte, die verbringen 80 bis 90 Prozent ihrer Arbeitszei­t in Meetings“, sagt Kolo. „Das ist nicht effizient, denn sie sollen ja auch inhaltlich arbeiten und brauchen Zeit für ihre Teams.“

„Der mangelnde Return on Investment bei Meetings betrifft insbesonde­re Führungskr­äfte, da diese besonders viel Arbeitszei­t in unterschie­dlichen Meetings verbringen und gleichzeit­ig höhere Personalko­sten erzeugen“, erklärt Professori­n Lehmann-Willenbroc­k. „,Schwafelig­e’ Meetings sind aber auch schädlich für das psychologi­sche Wohlbefind­en und das Engagement der einzelnen Mitarbeite­nden, wie wir in unserer Forschung zeigen konnten.“

Das Pizza-Prinzip

BCG-Personalex­perte Kolo meint: „Wichtig ist die Strukturie­rung des Meetings, die Reduzierun­g der Teilnehmer­zahl, und die Begrenzung der Zeit. Und: Dass ganz klar ist, was jeder Teilnehmer beitragen kann und soll.“Am Ende des Meetings sollten die To Dos festgelegt sein, inklusive Verantwort­lichkeiten und Zeitplan.

Der Berater verweist auf die großen US-Techkonzer­ne, bekannt für ihre straffen Vorgaben. Ein Beispiel sind die bei Amazon üblichen „Two Pizza Teams“. Eine Arbeitsgru­ppe samt ihrer Meetings soll nicht mehr Mitglieder haben, als von zwei Pizzen satt werden.

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Dpa-BILD: Waibel/tmn Viele Teilnehmer, wenig Struktur: Videokonfe­renzen bedürfen einer klaren Leitung.

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