Urteil in Doppelmord-Prozess erneut verschoben
Angeklagter aus Delmenhorst will sich gegenüber Psychiater doch zum Tatgeschehen einlassen
Delmenhorst/Oldenburg – Entgegen der Planung ist am Montag im Delmenhorster Doppelmord-Prozess noch kein Urteil verkündet worden. Dafür wurde erneut der psychiatrische Sachverständige mit verschiedenen Möglichkeiten des Tatgeschehens konfrontiert und das über eine längere Zeit. Vor der Schwurgerichtskammer des Oldenburger Landgerichtes geht es um die zentrale Frage, ob der 34-jährige Angeklagte jesidischen Glaubens aus Delmenhorst (Landkreis Oldenburg) zur Tatzeit in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich eingeschränkt war oder nicht. Ersteres könnte Psychiatrie bedeuten, die zweite Variante zweimal lebenslang plus Feststellung der besonderen Schwere der Schuld.
Schwer zu klären
Die Frage ist schwer zu klären. Dem Gutachter fehlten am Montag Details zum Tatgeschehen. Deswegen konnte er zu der wichtigen Frage noch nicht viel sagen.
Es geht um ein mögliches Treffen mit Verwandten vor den Taten. Der Angeklagte hatte sich in einer ersten Begutachtung nicht dazu geäußert. Nun aber will er sich äußern. Das erklärte die Vereidigung am Montag. Sie erhofft sich dadurch offenkundig die Feststellung der günstigeren Variante.
Fest steht, dass der Angeklagte unter einer Wahnvorstellung gelitten hat. In seinem Wahn soll er sich gedacht haben, dass seine Ehefrau (27) ihn mit einem Landsmann (23) betrügt.
Beide mussten sterben: Der 23-Jährige am 3. Oktober vorigen Jahres in einer Bar in Delmenhorst mit 30 Messerstichen. Und die Ehefrau wurde in der gemeinsamen Wohnung vor den Augen der achtjährigen Tochter mit 21 Messerstichen so schwer verletzt, dass sie zwei Tage später an den Folgen der schweren Verletzungen verstarb. Die beschmutzte Ehre sollte wiederhergestellt werden. Nur: Eine Beziehung zwischen Ehefrau und Landsmann gab es gar nicht.
Zwei Varianten
Aber was ist im Vorfeld der Taten passiert? Variante eins: Im Wahn rast der Angeklagte los und tötet. In diesem Fall wäre er in seiner Steuerungsfähigkeit eingeschränkt. Variante zwei: Er trifft sich vor den Taten mit seinen Brüdern und Cousins, um die Taten zu besprechen und abzuwiegen. Dann wäre er nach dem psychiatrischen Gutachten voll schuldfähig. Das Treffen soll es tatsächlich gegeben haben. Aber was wurde besprochen? War das Gespräch kurz und belanglos: Variante eins. War es lang und wurden die Taten abgewogen: Variante zwei.
Nun will sich der Angeklagte dem Psychiater gegenüber doch offenbaren. Er dürfte jetzt aber schon wissen, was er sagen muss.
Ungeachtet dessen hat die Staatsanwaltschaft Anklage wegen Beihilfe zum Mord gegen die Verwandten des Angeklagten erhoben, die an dem Treffen teilgenommen haben sollen.