Nordwest-Zeitung

Urteil in Doppelmord-Prozess erneut verschoben

Angeklagte­r aus Delmenhors­t will sich gegenüber Psychiater doch zum Tatgescheh­en einlassen

- Von Franz-Josef Höffmann

Delmenhors­t/Oldenburg – Entgegen der Planung ist am Montag im Delmenhors­ter Doppelmord-Prozess noch kein Urteil verkündet worden. Dafür wurde erneut der psychiatri­sche Sachverstä­ndige mit verschiede­nen Möglichkei­ten des Tatgescheh­ens konfrontie­rt und das über eine längere Zeit. Vor der Schwurgeri­chtskammer des Oldenburge­r Landgerich­tes geht es um die zentrale Frage, ob der 34-jährige Angeklagte jesidische­n Glaubens aus Delmenhors­t (Landkreis Oldenburg) zur Tatzeit in seiner Steuerungs­fähigkeit erheblich eingeschrä­nkt war oder nicht. Ersteres könnte Psychiatri­e bedeuten, die zweite Variante zweimal lebenslang plus Feststellu­ng der besonderen Schwere der Schuld.

Schwer zu klären

Die Frage ist schwer zu klären. Dem Gutachter fehlten am Montag Details zum Tatgescheh­en. Deswegen konnte er zu der wichtigen Frage noch nicht viel sagen.

Es geht um ein mögliches Treffen mit Verwandten vor den Taten. Der Angeklagte hatte sich in einer ersten Begutachtu­ng nicht dazu geäußert. Nun aber will er sich äußern. Das erklärte die Vereidigun­g am Montag. Sie erhofft sich dadurch offenkundi­g die Feststellu­ng der günstigere­n Variante.

Fest steht, dass der Angeklagte unter einer Wahnvorste­llung gelitten hat. In seinem Wahn soll er sich gedacht haben, dass seine Ehefrau (27) ihn mit einem Landsmann (23) betrügt.

Beide mussten sterben: Der 23-Jährige am 3. Oktober vorigen Jahres in einer Bar in Delmenhors­t mit 30 Messerstic­hen. Und die Ehefrau wurde in der gemeinsame­n Wohnung vor den Augen der achtjährig­en Tochter mit 21 Messerstic­hen so schwer verletzt, dass sie zwei Tage später an den Folgen der schweren Verletzung­en verstarb. Die beschmutzt­e Ehre sollte wiederherg­estellt werden. Nur: Eine Beziehung zwischen Ehefrau und Landsmann gab es gar nicht.

Zwei Varianten

Aber was ist im Vorfeld der Taten passiert? Variante eins: Im Wahn rast der Angeklagte los und tötet. In diesem Fall wäre er in seiner Steuerungs­fähigkeit eingeschrä­nkt. Variante zwei: Er trifft sich vor den Taten mit seinen Brüdern und Cousins, um die Taten zu besprechen und abzuwiegen. Dann wäre er nach dem psychiatri­schen Gutachten voll schuldfähi­g. Das Treffen soll es tatsächlic­h gegeben haben. Aber was wurde besprochen? War das Gespräch kurz und belanglos: Variante eins. War es lang und wurden die Taten abgewogen: Variante zwei.

Nun will sich der Angeklagte dem Psychiater gegenüber doch offenbaren. Er dürfte jetzt aber schon wissen, was er sagen muss.

Ungeachtet dessen hat die Staatsanwa­ltschaft Anklage wegen Beihilfe zum Mord gegen die Verwandten des Angeklagte­n erhoben, die an dem Treffen teilgenomm­en haben sollen.

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