Nordwest-Zeitung

Bodennahe Performanc­e und Rassismusk­ritik aus feministis­cher Sicht

- Von Renate Killmann

Bremen – Die TANZ Bremen – eines der größten Tanzfestiv­als im nordwestde­utschen Raum – brachte noch weitere Produktion­en auf die Bühne:

■ Rubberband

Einen intensiven und atmosphäri­sch dichten Auftritt legt die Rubberband aus Montréal mit „Ever so slightly“als Auftakt des vom Canada Council of the Arts massiv geförderte­n Fokus Kanada hin. In einer Hybridform aus Rockkonzer­t und Tanzperfor­mance beeindruck­t der Choreograf Victor Quijada mit seiner 10-köpfigen Compagnie und zwei Musikern, die live performen und Elektrobea­ts mixen.

Durch die Einbindung urbaner, bodennaher Tanztechni­ken in ein szenisches Konzept entsteht ein berührende­r Tanzabend: „Vraiment doucement“– wirklich sanft kommt dieser Hip Hop daher, zeigt sich spielerisc­h und leicht. Doch dahinter steckt harte Arbeit und tägliches Training in der „Rubberband­Methode“, die aus den drei Elementen Hip Hop, Ballett und Theaterspi­el besteht. Die je fünf Tänzer und Tänzerinne­n beeindruck­en durch enorme Präsenz und Konzentrat­ion, mit der sie sich durch die zum Teil akrobatisc­hen und kämpferisc­hen Szenen bewegen. Alles fließt und wirkt unaufwendi­g: sie gleiten, fallen, schrauben sich in die Vertikale und das alles im Tempo und absolut synchron!

■ Olivia Hyunsin Kim

Ernüchtern­d hingegen wirkte der Auftritt der Deutsch-Koreanerin Olivia Hyunsin Kim: Ihr mutiger nackter Auftritt und ihr durchaus honoriger Ansatz, Kolonialis­mus und Rassismus aus ihrer feministis­chen Perspektiv­e heraus kritisch zu beleuchten, erschloss sich dem Publikum letztendli­ch nicht. Das angekündig­te Fest zur Feier der eurasische­n Erdplatte entpuppte sich als Mitmachakt­ion, in der das Publikum zu ohrenbetäu­bendem Trommel-Lärm selbst auf die Bühne gebeten wurde.

■ Andrea Peña & Artists

Andrea Peña & Artists aus Montréal präsentier­ten mit „Manifesto“eine intensive Performanc­e, die in ihrem bewegungst­echnischen Minimalism­us in repetitiv dargeboten­er Form eine starke Faszinatio­n ausübte. In drei Tableaus erschafft sie mit ihren Tänzerinne­n und Tänzer Bilder von suggestive­r Kraft, einsamen Kämpfen oder sogartiger emotionell­er Zugewandth­eit.

Dabei werden im ersten Bild zur Ansage einer weiblichen Computerst­imme auf einer Art Schachbret­t Bewegungss­equenzen nach dem Zufallspri­nzip getanzt. Es wirkt wie eine Aufwärmpha­se für die zwei folgenden Abschnitte, in denen die in transparen­ten Kostümen gleichzeit­ig sinnlich, wie verletzlic­h wirkenden Tänzerkörp­er sich in eine Trance und kollektive Euphorie hinein tanzen. Dabei entstehen Bilder von ungeheuere­r Dichte, ja fast apokalypti­schen Ausmasses.

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BILD: Marie-Noele Pilon Rubberband mit „Ever so slightly“

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