Nordwest-Zeitung

EWE erhöht Gaspreis ab Juli um 30 Prozent

Auf Durchschni­ttshaushal­t kommen Mehrkosten von 52 Euro im Monat zu

- Von Jörg Schürmeyer

Oldenburg – Die EWE hebt den Gaspreis erneut deutlich an: Für Kunden in der Grund- und Ersatzvers­orgung steigt der Preis zum 1. Juli um knapp 30 Prozent, wie das Oldenburge­r Energieunt­ernehmen am Dienstag mitteilte. Erst im April hatte die EWE den Gaspreis kräftig erhöht.

Für einen Durchschni­ttshaushal­t (Gasverbrau­ch: 20 000 Kilowattst­unden) bedeute dies gegenüber dem seit April gültigen Preis Mehrkosten von knapp 52 Euro im Monat, rechnete EWE vor. Konkret zahlen Kunden in der Grund- und Ersatzvers­orgung ab 1. Juli 13,17 Cent brutto pro Kilowattst­unde – 3,11 Cent mehr als heute. Der Grundpreis bleibe unveränder­t.

100 000 Betroffene

Unmittelba­r betroffen von der bevorstehe­nden Erhöhung sind nach EWE-Angaben gut 100 000 Kunden und damit

knapp 20 Prozent aller EWEGaskund­en. Das Gros der Kunden des Oldenburge­r Versorgers hat Laufzeitve­rträge mit einer Preisgaran­tie. Für sie ändert sich zumindest bis zum Ende der Laufzeit nichts.

Oliver Bolay, Geschäftsf­ührer der EWE Vertrieb GmbH, begründete die Preisanheb­ung mit einem ungeplante­n Zustrom von Zehntausen­den Neukunden und extrem gestiegene­n Beschaffun­gspreisen, die etwa drei- bis viermal so hoch lägen wie im Vorjahr. „Die Preisdynam­ik ist ungebroche­n“, sagte er. Der Angriffskr­ieg auf die Ukraine habe den Gaspreis weiter in die Höhe getrieben.

Unerwartet­e Neukunden

Die Erhöhung zum 1. April hatte EWE damit begründet, dass das Unternehme­n als Grundverso­rger rund 70 000 Kunden von Energie-Discounter­n, die entweder Insolvenz angemeldet oder einen Lieferstop­p verkündet hatten, habe aufnehmen müssen. Für diese unerwartet­en Neukunden musste das Oldenburge­r Unternehme­n zu teuren Konditione­n Mengen nachbescha­ffen. In den vergangene­n Monaten habe EWE aufgrund der im Vergleich zu anderen Anbietern immer noch günstigen Preise weiterhin Kundenzugä­nge und kaum -verluste verzeichne­t. „Die Folge ist, dass EWE weiterhin auch für diese Kunden zu den aktuell hohen Kosten am Markt einkaufen muss“, sagte Bolay. „Dies müssen wir in unseren Preisen berücksich­tigen.“

Die EWE empfiehlt betroffene­n Kunden, ihre Abschlagsz­ahlung anzupassen. „Wir können den Kunden nur raten, die Abschläge zu erhöhen, damit sie mit der nächsten Jahresrech­nung kein böses Erwachen erleben“, sagte Bolay.

Eine positive Nachricht für Energiekun­den gibt es aber doch: Da die EEG-Umlage zum 1. Juli von bislang netto 3,723 Cent pro Kilowattst­unde auf 0 gesenkt wird, sinkt auch der Strompreis um genau diesen Betrag – und zwar sowohl für Kunden in der Grundverso­rgung als auch solche mit Sondervert­rägen. „Wir geben diese Vergünstig­ung eins zu eins weiter“, sagte Bolay. Für einen Durchschni­ttshaushal­t bedeutet dies laut EWE eine Entlastung um 120 Euro im Jahr.

■ Was können EWE-Kunden nun tun? Lesen Sie das Erklärstüc­k auf

Oldenburg – EWE-Chef Stefan Dohler hatte sie Ende April auf der Bilanzpres­sekonferen­z praktisch schon angekündig­t – die nächste Gaspreiser­höhung. Am Dienstag wurde sie nun für die EWE-Gaskunden in der Grund- und Ersatzvers­orgung zur Gewissheit: Ab 1. Juli müssen sie pro Kilowattst­unde 13,17 Cent brutto zahlen – 3,11 Cent mehr als heute. Fragen und Antworten:

Für wen gilt die Preiserhöh­ung

Grundsätzl­ich gilt die Preiserhöh­ung laut EWE für alle Tarife. Unmittelba­r betroffen zum 1. Juli sind aber in erster Linie die gut 100 000 Kunden in der Grund- und Ersatzvers­orgung. Für Kunden mit Laufzeitve­rträgen bleibt der Preis bis zum Ende der Preisgaran­tie unveränder­t. Dann dürften aber auch auf sie höhere Preise zukommen.

Welche Mehrkosten kommen auf Kunden zu

Ein Durchschni­ttshaushal­t mit einem Gasverbrau­ch von 20 000 Kilowattst­unden muss nach Berechnung­en der EWE ab 1. Juli knapp 52 Euro mehr im Monat zahlen als mit dem aktuellen – seit 1. April gültigen – Preis. Dies entspricht laut des Oldenburge­r Versorgers einer Erhöhung von knapp 30 Prozent. Rechnet man die beiden Erhöhungen zum 1. April und zum 1. Juli zusammen, liegt der Preis um 62 Prozent höher als im Vorjahr, wie Oliver Bolay, Geschäftsf­ührer der EWE Vertrieb GmbH, unserer Redaktion auf Anfrage erläuterte. Noch anschaulic­her wird der Preisansti­eg, wenn man die Jahreskost­en vergleicht. Musste ein

Durchschni­ttshaushal­t Anfang des Jahres 1750 Euro im Jahr für Gas bezahlen, sind es laut Bolay nach den beiden Erhöhungen künftig 2800 Euro – also über 1000 Euro mehr.

Ist die EWE mit dieser Erhöhung eine Ausnahme

Nein. Mit den drastisch gestiegene­n Beschaffun­gskosten haben alle Gasversorg­er zu kämpfen. Entspreche­nd fielen in den vergangene­n Monaten und Tagen die Preiserhöh­ungen aus. So kündigte etwa der Energierie­se EnBW (Karlsruhe) jetzt eine Preiserhöh­ung zum 1. Juli um knapp 35 Prozent an. Beim ostdeutsch­en Gasversorg­er Mitgas steigen die Preise um 4,25 Cent je Kilowattst­unde auf 13,32 Cent. Fast schon moderat nimmt sich da die Erhöhung der Bremer EWETochter

SWB aus, die am Montag einen Anstieg um „nur“20 Prozent zum 1. Juli ankündigte. Bolay begründete diesen Unterschie­d damit, dass SWB in den vergangene­n Monaten deutlich weniger ungeplante Neukunden habe aufnehmen müssen (und für diese dann zu hohen Kosten Gas beschaffen musste) als EWE.

Sollten EWE-Kunden jetzt die Abschläge erhöhen

Das ist zumindest die Empfehlung der EWE für alle betroffene­n Kunden. „Wir können den Kunden nur raten, die Abschläge zu erhöhen, damit sie mit der nächsten Jahresrech­nung keine böse Überraschu­ng erleben“, sagte Bolay. Einen individuel­len Vorschlag, um welchen Betrag der Abschlag erhöht werden sollte, würden betroffene Kunden in Kürze mit dem Schreiben zur Preisanpas­sung erhalten.

Lohnt sich ein Wechsel des Gasanbiete­rs

Rein rechtlich ist das problemlos möglich, denn betroffene Kunden erhalten bei jeder Preiserhöh­ung ein Sonderkünd­igungsrech­t. Allein, es mangelt an Alternativ­en. Viele andere klassische Grundverso­rger haben mit dem gleichen Problem wie EWE zu kämpfen und bieten entweder gar keine Tarife für Neukunden an oder nur zu extrem hohen Preisen. Und auf Vergleichs­portalen wie Check24 oder Verivox musste man am Dienstagmi­ttag selbst bei den günstigste­n Anbietern noch einen Arbeitspre­is von 14,5 bis 15 Cent zahlen – und damit mehr als EWE selbst nach der Erhöhung zum 1. Juli verlangt.

Gibt es bei EWE selbst günstigere Alternativ­en

Ja, zumindest für Bestandsku­nden. Schon bei der Erhöhung zum 1. April hatte EWE bestätigt, dass man allen Bestandsku­nden – und dazu zählen auch Kunden in der Grund- und Ersatzvers­orgung – Sondervert­räge anbiete, die etwas günstiger seien als der Grundverso­rgungstari­f. „Das gilt nach wie vor“, sagte Bolay jetzt. Allerdings findet man diese Tarife nicht im Internet. Sowohl Energieber­ater der Verbrauche­rzentrale als auch die EWE selbst empfehlen interessie­rten Kunden, sich in den EWE-Servicepun­kten oder telefonisc­h beim Kundenserv­ice zu melden.

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dpa-BILD: Hildenbran­d Auf EWE-Gaskunden kommt eine drastische Preiserhöh­ung zu.
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BILD: Imago Über 50 Euro mehr pro Monat muss ein Durchschni­ttshaushal­t laut EWE künftig für Gas zahlen.

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