Nordwest-Zeitung

Wegfall der Hartz-IV-Sanktionen?

Warum die Ampel darauf verzichten will

- Von Christine Xuân Müller

Berlin – Die Bundesregi­erung will auf Sanktionen gegen Hartz-IV-Empfänger bei Auflagever­stößen weitgehend verzichten. Am Freitag debattiert­e der Bundestag in erster Lesung über entspreche­nde Pläne von SPD, Grünen und FDP. Demnach soll künftig zwölf Monate auf Leistungsk­ürzungen verzichtet werden, wenn Hartz-IV-Empfänger zum Beispiel ein Jobangebot ablehnen oder eine Weiterbild­ungsmaßnah­me abbrechen. Wer aber mehrere Gesprächst­ermine im Jobcenter verweigert, dem sollen weiter Leistungen gestrichen werden können.

Den Angaben des Bundessozi­alminister­iums zufolge verstößt nur eine Minderheit von Hartz-IV-Empfängern gegen die Regeln. Von den knapp vier Millionen Empfängern des Arbeitslos­engeldes II sei dies bei etwa drei Prozent der Fall, hieß es.

Das Sanktionsm­oratorium soll nach Angaben der Ampelregie­rung nur eine Übergangsl­ösung bis zur Einführung eines Bürgergeld­es sein. „Mit dem Bürgergeld wollen wir einen Paradigmen­wechsel in der sozialen Grundsiche­rung“, erläuterte die parlamenta­rische Staatssekr­etärin für Arbeit und Soziales, Anette Kramme (SPD), vor dem Bundestag.

Zugleich sei dies eine komplexe Reform, die in mehreren Etappen umgesetzt werde. Ein Schritt davon sei das Sanktionsm­oratorium.

Das Bundesverf­assungsger­icht hatte 2019 eine Neuregelun­g der Sanktionsp­raxis in der Grundsiche­rung für Arbeitsuch­ende gefordert. Zwar dürfe der Staat Mitwirkung­spflichten der Empfänger auch mit Leistungsk­ürzungen durchsetze­n. Doch die Möglichkei­t der kompletten Streichung bis zum Entzug der Zahlungen für Miete und Heizung sei nicht mit dem Grundrecht auf ein menschenwü­rdiges Existenzmi­nimum vereinbar, hieß es.

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