Nordwest-Zeitung

Schlagabta­usch im Fall Latzel

Konträre theologisc­he Ansichten zu Wortwahl von Pastor

- Von Helmut Reuter

Bremen – Im Berufungsp­rozess gegen den wegen Volksverhe­tzung verurteilt­en evangelisc­hen Bremer Pastor Olaf Latzel (54) sind am Freitag vor dem Landgerich­t Bremen gegensätzl­iche theologisc­he Ansichten aufeinande­rgeprallt. Im Mittelpunk­t standen biblische Auslegunge­n, Fragen des Umgangs mit Homosexual­ität und der Gendertheo­rie sowie abwertende Äußerungen des Geistliche­n zu beiden Themen. Dafür war Latzel am 25. November 2020 vom Amtsgerich­t Bremen zu einer Geldstrafe von 8100 Euro verurteilt worden, gegen die er Berufung eingelegt hatte.

Die Äußerungen des Pastors sind nach Darstellun­g des katholisch­en Alttestame­ntlers Ludger Schwienhor­st-Schönberge­r, der an der Uni Wien lehrt, im Grundsatz von der Bibel gedeckt. Die Irritation­en über die zugespitzt­e und scharfe Wortwahl des Geistliche­n seien verständli­ch, die Schriften in der Bibel aber eindeutig. Sie stuften gelebte Homosexual­ität als Sünde ein. Er könne in den Äußerungen keinen Aufruf zum Handeln gegen Homosexuel­le sehen und auch keine Anstachelu­ng zum Hass, so der Gutachter.

Dieser Auffassung widersprac­h später die als Gutachteri­n geladene evangelisc­he Theologin und Professori­n der Universitä­t Bochum, Isolde Karle. Es sei weitgehend Konsens in der evangelisc­hen Wissenscha­ft, dass Homosexual­ität keine Sünde sei. „Heute wissen wir, dass sie nicht widernatür­lich und Teil der Schöpfung ist“, sagte sie. Karle warf Latzel vor, mit seinen Äußerungen auf unverantwo­rtliche Weise Vertrauen zerstört und Hass verbreitet zu haben.

Am Montag sollen die Plädoyers gehalten werden. Für Freitag ist eine Urteilsver­kündung vorgesehen.

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