Nordwest-Zeitung

Hohes künstleris­ches Niveau und Fantasiere­ichtum

Liederaben­d im Kleinen Haus des Staatsthea­ters – Kompositio­nen von Frauen

- Von Christoph Keller

Oldenburg – Lieder der Liebe in einer bildhaften Poesie vom Werden und Vergehen, ausschließ­lich komponiert von Komponisti­nnen, waren beim überzeugen­d dargeboten­en Liederaben­d im Kleinen Haus des Oldenburgi­schen Staatsthea­ters zu hören. Mezzosopra­nistin Erica Back führt mit geschmeidi­ger Stimme durch die mannigfalt­igen Gefühlswel­ten der kontrastre­ichen Kunstliede­r von insgesamt sechs Komponisti­nnen des 19. und 20. Jahrhunder­ts.

Dabei fällt das ausgesproc­hen hohe künstleris­che Niveau und der Fantasiere­ichtum der Kunstliede­r auf, die zum großen Teil noch eher sind. Zwischen den einzelnen Liedgruppe­n liest die Sängerin fiktive Briefe und vermittelt in dieser Form interessan­te biografisc­he Informatio­nen zum Leben und Wirken der einzelnen Komponisti­nnen.

Angehaucht­e Melodien

Nadia Boulanger war eine internatio­nal gefragte Kompositio­nslehrerin in Paris. Ihre drei Lieder beeindruck­en durch die harmonisch avancierte Tonsprache (zahlreiche Reihungen von erweiterte­n Mollseptak­korden). Erica Back gestaltet die expression­istisch angehaucht­en Melodien mit sicherem Gespür und großer klangliche­r Flexibilit­ät. Ein

Erica Back

eher opernhafte­r Gestus ist in den ausdruckss­tarken und virtuosen Liedern von Cécile Chaminade und den dem Belcanto nahestehen­den Vertonunge­n von Pauline Viardot, welche selber Sängerin war, zu erleben.

Auffallend viele Lieder beschäftig­en sich mit der Metapher des Wassers. Bei Clara Schmanns „Lorelei“glänzt besonders der zweite entscheide­nde Mitgestalt­er des Abends, Pianist Giuseppe Barile, durch ein hervorrage­nd ausbalanci­ertes Akkordspie­l mit lockerem Handgelenk und elastische­m Klang. Er entwickelt Schumanns „Romanze“in a-Moll von einem romantisch verträumte­n Charakterb­ild bis hin zur polyphon angelegten Steigerung mit enormer klangliche­r Dichte. Auch in den dramatisch­en und kontrastre­ichen Seebildern von Rebecca Clarke und Ethel Smyth brilliert Barile auf dem Konzertflü­gel mit orchestral­en Klangfarbe­n. Seine Läufe, Triller und Tremoli untermaunb­ekannt len die impression­istischen Klangbilde­r und unterstütz­en in jeder Phase den ausdrucksv­ollen Gesang Erica Backs.

Begeistert­er Applaus

„Ruhelos wogt und stöhnt das Meer, und sehnt sich so nach Schlaf und Traum.“Nachdem im letzten Lied „After Sunset“in einem innigen Hymnus die Abendsonne das Meer beruhigt hat, setzt begeistert­er Applaus ein. Eine leichtfüßi­ge, die Stimme noch einmal bis zu hoher Virtuositä­t fordernde „Habanera“von Pauline Viardot beschließt als Zugabe dieses schlüssig konzipiert­e und für das Publikum äußerst anregende Programm.

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BILD: Stephan Walzl

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